Fast ein jeder, der anfängt, sich mit Objekten tief im All zu beschäftigen, stößt nach kurzer Zeit auf den Messierkatalog und die darin verzeichneten Messier-Objekte:
M42, der große Orionnebel, M31 die Andromedagalaxie oder M45, die Plejaden zählen sicherlich zu den ersten Objekten, die man am Nachthimmel benennen kann
.

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Doch gibt es nicht nur diesen Katalog, sondern dutzende weitere, von denen ein paar größere Bedeutung für Astrofotografen erlangt haben, viele jedoch vor allem astronomisch-wissenschaftlichen Zwecken dienen.
Es kann sehr interessant sein, sich mit der Entstehung der Kataloge und der Motivation ihrer Verfasser zu beschäftigen. Dabei erfährt man nebenbei einiges über die Astronomiegeschichte, den jeweiligen Zeitgeist oder den damaligen Stand von Wissenschaft und Technik.

So unterschiedlich die Zeiten und so verschiedenartig die Beweggründe der Verfasser auch sein mögen; allen Katalogen gemein ist, dass sie ein Ziel verfolgen: Dem unüberschaubaren Chaos da oben ein System, Ordnung und Struktur zu verleihen.


Astronomische Kataloge bringen Ordnung in das Sternenmeer.


Der nun folgende Artikel bzw. die Artikelserie verfolgt denselben Zweck:
Ein wenig Ordnung und Übersichtlichkeit für Amateur-Astrofotografen zu schaffen.
Denn ein paar dieser Kataloge möchte ich Euch in dieser Reihe vorstellen. Meine Auflistung ist dabei natürlich nicht umfassend, beantwortet aber doch ein wenig die Fragen: “Welche Deep-Sky-Kataloge gibt es?” und “Welche Kataloge lohnen einen genaueren Blick?

Anmerkung:
Dieser Artikel war als ein in sich geschlossener Bericht gedacht. Während der Recherche und der Ausarbeitung wuchs er jedoch immer weiter an, sodass ich mich letztendlich entschieden habe, ihn nicht nur mehrere Teile aufzugliedern, sondern eine ganze Serie daraus zu machen:

Ordnung im Objektgewimmel: Deep-Sky-Kataloge – Entstehung und Geschichte

Das folgende Inhaltsverzeichnis bildet das ab:

Zum Aufbau der Serie:

  • Die Einleitung / Anfänge
    (Diesen Artikel liest Du gerade eben)

  • Einzelne Kataloge

    • 1. Die Klassiker
      • Klassiker #1
        Der Messier-Katalog (M)
        inkl. zeitgleichen ‘Konkurrenzprodukten’ u.a. von Bode

      • Klassiker #2
        Die Nebel-Listen von William Herschel (H)
        Der erste General-Katalog (CG) von John Herschel
        Der neue General-Katalog (NGC) mitsamt den
        Index-Katalogen (IC)

    • 2, Spezialkataloge, darunter u.a.:

      • Edward Barnards Katalog der Dunkelnebel (B)
      • Sternhaufen-Kataloge: Melotte (Mel) und Collinder (Cr) u.a.
      • Sharpless-Katalog der Emissionsnebel (Sh)
      • Van den Berghs Katalog der Reflexionsnebel (VdB)
      • Lynds Kataloge heller und dunkler Nebel (LBN und LDN)
      • Kataloge planetarischer Nebel: U.a. Abell, PK
      • Galaxien-Kataloge

Einleitung
Warum katalogisieren? Warum ‘Sterne zählen’?

“Warum katalogisiert man?” – “Na, weil es Ordnung schafft; was für eine Frage!”

An dieser Stelle, wo es zunächst total logisch erscheint, sollte man doch kurz innehalten und sich überlegen, warum der Mensch so etwas tut. Denn dies betrifft ein grundlegendes Thema des Menschseins und führt uns, wenn man es so positiv und vielleicht auch naiv betrachten möchte (und das möchte ich hier kurz machen) auch zum “Wunder des Menschseins”:

“Sterne zählen” ist zunächst einmal eine vollständig sinnlose Tätigkeit. Eine Tätigkeit, die Zeit und den Schlaf raubt, die keinen Vorteil erbringt im Kampf um Nahrung, um Fortpflanzung, um das Überleben.
Doch der Mensch blickte zum Himmel:
Er entdeckte Kunst und Musik. Der Mensch erlernte Sprache. Er begann irgendwann seine Umwelt mit Begriffen zu versehen, zu beschreiben und so eben auch zu kategorisieren und in Systemen zu ordnen. Letztendlich ist das der Beginn der Wissenschaft.
Ihr könnt diesen Gedanken gerne selber weiter spinnen, denn dafür ist hier nicht der Platz.

Menschen ordnen und kategorisieren gerne. Es hilft ihnen beim Überleben.

Es ist eine Tatsache, dass es dem Menschen liegt, für ihn einen Sinn ergibt, Dinge zu ordnen. Dies hilft ihm beim Verstehen, beim Erkennen und Begreifen von Zusammenhängen. Und letztendlich sichert ihm das auch wieder das Überleben.
So gesehen ist Wissenschaft, das Studieren und Kategorisieren ein enorm unromantischer Akt des Überlebenskampfes.
Aber anders betrachtet ist es auch ein Wunder, das vom ersten Himmelsblick eines Menschen, irgendwo an einem Lagerfeuer, hin zu Raumsonden führte, die die Sterne durchmustern, um Kataloge bisher unbekannter Präzision zu erstellen.

So kann man sagen:
Wir katalogisieren Himmelsobjekte, weil es unserer Natur entspricht, Ordnung zu schaffen und zu systematisieren, um daraus Erkenntnisgewinn zu ziehen.

Das Titelbild:
M = Messier-Katalog – Sh = Sharpless-Katalog
vdB = van den Bergh-Katalog – NGC = New General Katalog
(Canon 6Da – 2,6h mit HA-Clip-In-Filter + 2,6h normales RGB)

Katalogtypen und Ordnungssysteme

Der Beginn

Kataloge bzw. Auflistungen und -zählungen von Himmelsobjekten gab es bereits lange vor der ‘klassischen Antike’; wann genau die systematische Himmelsbeobachtung begann, kann heute nicht mehr klar bestimmt werden. Auch welchen Systemen sie folgten, ist oftmals nicht mehr bekannt.

Der Beginn der systematischen Himmelsbeobachtung verschwimmt also nicht im Dunkel der Nacht, wohl aber im Dunkel der Geschichte

Aufgrund des Mangels an Fernrohren kann man klar davon ausgehen, dass sämtliche frühen Listen (oder mündliche Überlieferungen) neben den fünf damals bekannten Planeten (“Wandelsterne”) fast ausschließlich Sterne und Sternbilder umfassten und diese, wenn überhaupt, nach optischen Kriterien (wie scheinbare Größe bzw. Helligkeit) und sicherlich aber nach deren jahreszeitlichen Verlauf ordneten.

Die Kenntnis des Verlaufs und der Anordnung der Gestirne hatte lange Zeit vor allem religiöse Bedeutung und war wichtig für Abläufe im Staatssystem und der Landwirtschaft; bei Seevölkern auch für die Navigation.
Und natürlich diente die systematische Himmelsbeobachtung – womöglich der wichtigste Punkt – der Erfassung von Zeit.

Spätestens in der Jungsteinzeit vor über 10.000 Jahren wurde die Kenntnis der Abläufe am Nachthimmel zu einem wichtigen Bestandteil der Kultur.

Man beobachtete und katalogisierte die Sterne für die Landwirtschaft, die Navigation, die Religion und zur Erfassung der Zeit

Bronzezeit bis Antike

Keilschrift – Sternbilder – ~ 300BC

Man weiß, dass beispielsweise vor über 5000 Jahren in den bronzezeitlichen Gesellschaften des vorantiken Zweistromlandes (Sumer, Babylon, Assyrien) und zeitgleich in den Kulturen am Indus Himmelsobjekte systematisiert und schriftlich vermerkt wurden. Erhaltene bis zu 4000 Jahre alte Tontafeln der Assyrer (MUL.APIN und Astrolab B) listen einzelne Sterne, Sternbilder, Zeitpunkte, Planetenverläufe und vieles mehr.
Hinzu kommt der chinesische Kulturraum, der in der westlichen Geschichtstradition meist übersehen wird und in dem ebenfalls sehr früh Himmelskatalogisierungen erfolgten (älteste Aufzeichnungen reichen über 3500 Jahre zurück) sowie beispielweise die Kultur der Maya, die vor über 5500 Jahren Himmelskalender hervorbrachte.

Dass auch in Europa der Sternenhimmel eine wichtige Rolle spielte, beweist die Himmelsscheibe von Nebra, deren Alter mit 3700 bis 4100 Jahren angegeben wird. Dieser Himmelsdarstelleung aus der frühen Bronzezeit werden sowohl astronomische als auch religiöse Zwecke zugesprochen.

Aus der Antike ist uns z.B. das Ordnungssystem von Hipparch überliefert, der Sterne vor 2200 Jahren in 6 Größenklassen einteilte; ein System, das zuvor bereits die Babylonier anwandten und das noch heute die Grundlage der Helligkeitsangabe von Sternen in Magnituden ist.
(Dies führt u.a. dazu, dass scheinbar dunklere Sterne eine große Zahl zugeordnet bekommen. Scheinbar kleine/dunkle Sterne haben eine Helligkeit von 6 Magnituden, sehr große/helle 1 mag.)

Ptolemäus

Ebenso bekannt sind die 48 Sternbilder des Ptolemäus und sein 1022 Sterne umfassender Katalog (vor etwa 1900 Jahren).

Bildquellen: CC wikimedia

All diesen Systematisierungen oder Katalogisierungen war jedoch gemein, dass sie sich fast einzig auf Sterne (und Planeten, den Mond und die Sonne) bezogen.
Das, was wir heute im Allgemeinen unter “Deep-Sky-Objekten” verstehen, war so gut wie unbekannt bzw. irrelevant und eine der Ausnahmen, die Plejaden (z.B. erwähnt von Homer 800 v. Chr.), dienten wohl einfach nur als zusätzlicher Taktgeber.
Dies änderte sich erst grundlegend nach der Erfindung des Fernglases im Jahr 1608.

Ein tolles Buch, das sich mit all dem befasst und das schon allein aufgrund seiner vielen Bilder einen Blick wert ist, gibt es leider nur auf Englisch:
The Mapping of the Heavens
Ich habe es auch hier bei meinen Empfehlungen genauer vorgestellt.

Darüber hinaus lässt sich vor allem über die Astronomie des Zweistromlandes viel in Erfahrung bringen, wenn man mit Geduld und guten Englischkenntnissen das Netz durchforstet.

Erst die Erfindung des Fernrohrs ermöglichte die “Faszination Deep-Sky”

Faszination Deep-Sky (ab 1750)

Die modernen Kataloge (um die es hier dann gehen soll) bieten, vor allem aufgrund der Erfindung des Fernrohrs, eine wesentlich größere Vielfalt an Ordnungssystemen und Kategorisierungen. Herausragend dabei sind die weiteren Objekttypen neben den Sternen: Deep-Sky-Objekte.

Nach den ‘puren’ Sternkatalogen und Himmelsdurchmusterungen (beispielsweise des rund 2000 Sterne umfassenden Himmelsatlas’ ‘Uranometria’ von Johann Bayer, 1603, fünf Jahre vor der Erfindung des Fernglases) kann man den Beginn der “modernen Katalogisierung” vor etwa 250 Jahren, um etwa 1760 verorten.

Damals also begann auch die Faszination für “Deep-Sky”, also für “Nebelsterne und Sternhaufen” oder “Nebulae“.

Das Teleskop kann jedoch nicht die (einzige) Begründung für das aufkommende Interesse an “Himmelsnebeln” sein!
Es vergingen von den ersten Einsätzen des Teleskops bis zur Erstellung erster “Nebellisten” gut 150 Jahre.
Die Fernrohr-Güte stieg zwar in diesem Zeitraum, aber Galileo wäre es beispielsweise im Jahre 1610 problemlos möglich gewesen, weit über 50 Objekte aufzulisten, gelang ihm doch die Entdeckung der Jupitermonde und der Phasengestalt der Venus.
Auch sind einige Dutzend Objekte mit dem freien Auge sichtbar: Beispielsweise die Andromedagalaxie, die Plejaden, h und chi Persei und einige weitere Sternhaufen. Dennoch bestand offenbar (von einer bekannten Ausnahme abgesehen; siehe unten) kein besonderes Interesse, sie gesondert zu verzeichnen.

Auch Messiers postulierte “Verwechslungsgefahr mit Kometen” (siehe den Abschnitt zum Messier-Katalog) ist nicht ausreichend, um das plötzliche Interesse an Deep-Sky-Objekten zu erklären.
De Lacaille verzeichnete bereits einige Jahrzehnte zuvor bei einer Durchmusterung des Südhimmels Nebelgebiete und Sternhaufen, präsentierte sie jedoch nicht prominent oder als etwas besonderes.

Die Suche nach Deep-Sky-Objekten als Trend einer neuen Wissenschaft?

Wie es scheint, waren nicht-stellare (Deep-Sky-)Objekte den Astronomen bekannt, aber offenbar weckten sie keine besondere Neugier oder den Bedarf, sie gesondert zu untersuchen und zu listen.

Möglicherweise findet sich eine Begründung für das plötzlich aufkommende Interesse an Deep-Sky-Objekten, also an “Nebelsternen und Nebulae” im wissenschaftlichen Zeitgeist, im allgemeinen Streben nach Ordnung und Klassifizierung. In einer Entwicklung, die ab der Mitte des 18. Jahrhunderts alle wissenschaftlichen Bereiche betraf: Während die technischen Möglichkeiten sich immer rascher entwickelten, versuchten Forscher in allen Fachbereichen der “wahren Natur aller Dinge” auf den Grund zu gehen; sie versuchten die sie umgebende Welt mit wissenschaftlichen Methoden zu beschreiben, während mythisch-religiöse Erklärungen oftmals als nicht mehr ausreichend erschienen.

Evtl. war es auch einfach eine Art Trend, der, von Charles Messier angestoßen, Nachahmer fand, die in eine Art Wettstreit traten, im Streben neue, bisher unbekannte Himmels-Objekte zu sichten und mit ihren Koordinaten zu verzeichnen.

Die Kombination aus Trend + wissenschaftlichem Zeitgeist erscheint mir (auch ohne echte Belege) als logischste Ursache für das plötzlich aufkommende Interesse an diesen ‘neuen’ Objekten.

Von ersten Listen zu ausgefeilten Systemen

Die ersten Deep-Sky-Kataloge waren noch ungeordnete Listen, die einfach alle nicht-stellaren Himmelsobjekte unabhängig von Erscheinungsbild, Größe oder weiteren Kriterien auflisteten. Dies trifft beispielsweise für den bekannten Messier-Katalog zu.
Spätere Kataloge organisierten Objekte dann nach vorgegebenen Kriterien und verfeinerten diese weiter. Auch entstanden Kataloge, die sich speziellen Objekttypen zuwandten, wie Sternhaufen oder Galaxien. Eine Entwicklung, die Hand in Hand mit der Verbesserung von Teleskopen und einem tieferen Verständnis des Universums einhergingen.

Von 100 Nebeln zu 1,7 Milliarden Sternen

Bis heute werden Kataloge ergänzt und verfeinert. Während “Gemischtwaren-Kataloge” anfangs nur einige hundert, später einige tausend Objekte listeten, finden sich heute in Spezialkatalogen zehntausende oder gar hunderttausende von Objekten:
Der PEC-Galaxienkatalog (LEDA) enthält, um ein Beispiel herauszugreifen, über 900.000 Galaxien.
Der momentan zahlenmäßig umfassendste Katalog (allerdings kein Deep-Sky-Katalog) entsteht mit Hilfe der Sonde Gaia, die unsere Milchstraße durchmustert. In der Ausgabe von 2018 Gaia Data Release 2 (DR2) sind 1.692.919.135, also 1,7 Milliarden ‘punktförmige Objekte’ (Sterne, Quasare und Asteroiden) gelistet, allesamt innerhalb unserer Milchstraße. Alle 1,7 Mrd. Objekte wurden hierbei über einen Zeitraum von nur 22 Monaten vermessen. Frühere Beobachtungen anderer Sonden flossen nicht mit ein.

Wenn man nun den Bogen schließt, von ersten Sternenlisten der frühern Kulturen vor über 3000 oder gar 5000 Jahren, über die Kataloge der Antike hin zu den europäschen Himmelskarten des 16. und 17. Jahrhunderts, um dann schließlich über die ersten modernen Deep-Sky-Kataloge wie dem von Charles Messier zu aktuellen Milchstraßendurchmusterungen zu gelangen, so erkennt man, welcher Weg da zurückgelegt wurde.
Man erkennt aber auch gleichzeitig, dass der Himmel fast unveränderlich ist und hunderte oder tausende Jahre alte Sternenkataloge immer noch richtig sind.
Die Schritte, die dank der modernen Technik und dem Einsatz weltraumbasierter Beobachtungssonden möglich waren und sind, erweitern unseren Horizont nochmals und werden das auch auch in Zukunft ermöglichen.

Moderne Kataloge sprengen unsere Maßstäbe

Die moderne Technik bringt es allerdings mit sich, dass die neuesten Kataloge menschliche Maßstäbe sprengen.
Sternenkataloge mit 2000 Einträgen, der Messier-Katalog mit 110 nebligen Objekten oder auch Herschels “Nebelliste” mit 2500 Objekten sind gut zu erfassen und von ambitionierten Beobachtern auch nachzuvollziehen.
Das gilt ebenso für weitere ‘schmale’ Kataloge von Sternhaufen oder Dunkelnebeln.
Aber Himmelsdurchmusterungen, die eine Million Galaxien enthalten oder knapp 2 Milliarden Sterne, sind für uns nicht mehr greifbar; sie sprengen unser Vorstellungsvermögen.
Selbstverständlich dienen auch sie u.a. dem oben beschriebenen Ziel, “Ordnung in das Gewimmel im Sternenmeer” zu bringen. Für begeisterte Amateure eignen sich jedoch nach wie vor die älteren Kataloge mit erreichbaren Zielen besser.

Daher werde ich vor allem einige der klassichen Kataloge genauer besprechen und die modernen Riesenkataloge (wenn überhaupt) nur anreißen.

Beginnen könnte man hier mit dem bekannten Katalog von Charles Messier; dieser gilt gemeinhin als ‘der erste Deep-Sky-Katalog’.
Tatsächlich gab es bereits 100 Jahre früher erste Listen, die sich klar auf nicht stellare Objekte konzentrierten.

Mit der Betrachtung dieser ersten Listen schließe ich dann den ersten Teil ab.
Dies dient sozusagen als Verknüpfung und Überleitung zu den in weiteren Artikeln folgenden genaueren Beschreibungen einzelner für uns Astrofotografen interessanter Kataloge.

Klassische Einsteiger-Objekte des Messier-Katalogs rund um das Zentrum der Milchstraße (und weitere)
Klick für großes Bild in neuem Tab
(Canon 6D ohne mod. – Samynag 50 mm)

Erste Deep-Sky-Kataloge

Bewundernswerte Objekte des Himmels

Von der Veröffentlichung des letzten reinen Sternen-Katalogs der ‘alten Schule’, Johann Bayers Uranometria von 1603, bis zur Erscheinung der ältesten bekannten Nebelliste vergingen fast genau 50 Jahre.
Nachdem alle bisherigen Kataloge sich auf Sterne (und Planeten mit ihren Monden) bezogen, war es Giovanni Batista Hodierna (ein Priester aus Sizilien), der als Erster eine Liste nicht-stellarer Objekte veröffentlichte. Sie war Teil seines astronomischen Werkes:
De systemate orbis cometici, deque admirandis coeli characteribus aus dem Jahre 1654.
(“Von der Systematik der Kometenwelt und den bewundernswerten Objekten des Himmels”)

Giovanni Batista Hodierna

Diese erste Deep-Sky-Liste (die “bewundernswerten Objekte des Himmels“) umfasst 40 Einträge, von denen sich etwa die Hälfte verifizieren lässt.
Hodierna ist somit Entdecker und Erstbeschreiber von etwa 15 heute bekannten Objekten. Darunter M8, der Lagunennebel, oder auch der drei großen Sternhaufen im Fuhrmann: M36, 37 und 38.
Er listete dabei die Objekte nicht nur auf, sondern klassifizierte sie in drei Gruppen: “Luminosae, Nebulosae  und Occultae“.

Seine Zeichnung des Orionnebels ist die älteste bekannte Darstellung dieses Objekts und seine Darstellungen der Plejaden und Hyaden bezeichnen und beschreiben viele einzelne Sterne dieser beiden offenen Sternhaufen.

Giovanni Batista Hodierna verfasste einige weitere astronomische Werke, beobachtete und zeichnete Planeten sehr detailreich und entwickelte Theorien über Kometen.
Sein Werk fand allerdings überregional kaum Beachtung und geriet völlig in Vergessenheit, bevor es 1985 wiederentdeckt wurde.

Daher galt lange Zeit die erst 100 Jahre (1755) später erschienene Liste von Nicolas-Louis de Lacaille als das erste eigenständige Verzeichnis non-stellarer Objekte.
De Lacaille wurde zum Vorbild für Charles Messier.

Nebelsterne des Südhimmels

Nicolas-Louis de Lacaille

Eigentlich war die Liste von De Lacaille nur ein Nebenprodukt seiner (Stern-)Durchmusterung des Südhimmels, die er in den Jahren 1751 bis 54 in Südafrika durchführte und die einen Katalog mit rund 10.000 Sternen erbrachte.
Auch beschrieb er in Afrika Sternbilder, von denen heute noch 14 offizielle IAO-Sternbilder sind.
Das Hauptziel seiner Expedition und wissenschaftlich von großer Bedeutung waren seine Parallaxenberechnungen von Mond, Venus und Mars, die es ermöglichten, die Entfernung dieser Objekte genauer zu bestimmen.

Seine Berühmtheit und sein Ruf beruhten vor allem auf diesen Forschungsergebnissen.

1755 veröffentlichte er seine Liste “Sur les etoiles nebuleuses du ciel Austral” (Über Nebelsterne des Südhimmels) in den Memoirs der Royal Academy of Sciences in Paris. Sie umfasste 42 Einträge, enthielt jedoch einige Fehler.
Charles Messier fügte diese Liste der zweiten Ausgabe seines “Katalogs der Nebel und Sternhaufen” bei.

Obwohl die (lange vergessene) Liste von Hodierna und das Nebenprodukt von De Lacailles südlicher Himmelsdurchmusterung älter sind, erscheint uns heute das Werk von Charles Messier als “der erste echte Deep-Sky-Katalog”.

Einerseits liegt das wohl daran, dass Hodiernas Liste vergessen wurde und die Auflistung De Lacailles den Südhimmel betrifft.
Andererseits begründet sich dieser Eindruck auch darin, dass Messier ein Trendsetter war, der schon zu Lebzeiten eine gewisse Berühmtheit erlangte.
Darüber hinaus ist sein Verzeichnis fast fehlerfrei und somit bis heute in Benutzung.

Mit diesem allseits bekannten Messierkatalog beginnt dann auch der folgende Artikel, dem ersten der Vorstellungs-Reihe einzelner relevanter Deep-Sky-Kataloge.
Er findet dann mit William Herschels Nebellisten, John Herschels ersten General-Katalog (CG) und dem neuen General-Katalog (NGC) seine Fortsetzung.


Freundliches Schlusswort

Liebe Leserin, lieber Leser, liebe Sternfreunde.
Ich hoffe sehr, dass dieser Artikel, der mehr oder minder nur eine Hinleitung und das Vorwort zu den folgenden Katalogvorstellungen war, bei Dir die Neugier geweckt hat.

Vom Messier-Katalog hast Du gewiss schon gehört; wahrscheinlich auch vom NGC/IC. Fotografierst oder beobachtest Du selber, so hast Du garantiert schon Objekte dieser Kataloge gesehen/abgelichtet. Evtl. hast Du sogar gezielt in diesen Katalogen nach Zielen gesucht.

Vielleicht interessiert Dich auch deren Entstehungsgeschichte und die Gründe, die zu diesen “ersten richtigen” Deep-Sky-Katalogen führten.
Dann wird der folgende Artikel für Dich eine Bereicherung sein.

Die daran anschließenden Artikel betrachten Kataloge, die wesentlich unbekannter, aber dennoch teils faszinierend sind und oftmals wichtige Quellen für spannende Ziele darstellen.
Möglicherweise erlebst Du dort einige Überraschungen und findest für Dich ganz neue Optionen: Kataloge von Sternhaufen, von Dunkelnebeln oder solche, die sich auf (meist blaue) Reflexionsnebel bzw. (meist rote) Emissionsnebel konzentrieren, bieten Fotografen und Beobachtern ein Hilfsmittel, den Nachthimmel noch tiefer und vor allem geordneter zu erleben.
Denn ‘Ordnung im Sternengewirr’ war ganz oben der Ausgangspunkt dieses Berichts und Ordnung im Kataloggewirr soll nun in den folgenden Artikeln entstehen.

Viel Spaß mit dem nun (irgendwann) Folgenden.

EDIT:
Teil 2 ist online.
Der Messier-Katalog

1 Gedanke zu „Astronomische Kataloge – Ordnung“

  1. Hey Adamus,
    wiedermal hast Du mir mit deinem Bericht bock auf ein Thema gemacht welches ich selber höchstwahrscheinlich so gar nicht angegangen wäre. Ich freue mich auf die fortsetzung.
    Danke✌

    Antworten

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