Auf der Suche nach dem sternenklaren Himmel

Dunkle Orte zu finden, richtig dunkle Orte, ist heutzutage weitaus schwerer als noch vor wenigen Jahrzehnten – der Lichtverschmutzung sei dank.
Lichtverschmutzung ist Dir bisher kein Begriff? Dann schau mal in diesen Artikel, denn das ist wirklich ein interessantes Thema.

Wenn man nicht gerade wirklich abseits der Zivilisation wohnt, ist das Finden und Erreichen eines dunklen Ortes wohl das Schwierigste an der nächtlichen Himmelsfotografie.

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Falls Dir die Technik und das eigentliche Fotografieren des Sternenhimmels und der Milchstraße noch unbekannt sein sollten, dann schau doch in meinen Einsteiger-Kurs. Dort wird Dir alles erklärt, was Dir jetzt möglicherweise noch schwieriger erscheint als das Finden einens dunklen Orts.

Dass es in Städten nachts nicht mehr dunkel wird, ist kein Geheimnis, aber auch abseits der Städte gibt es in Zentraleuropa kaum noch Plätze, an denen es wirklich richtig dunkel ist. Das Licht wird so weit gestreut und in der Atmosphäre reflektiert, dass auch die relative Nähe von Städten ausreicht, um den Himmel aufzuhellen und einen gelb-leuchtenden Schleier am Horizont entstehen zu lassen. Und ‘relative Nähe’ kann auch 50 oder 100 km bedeuten, manchmal strahlen Städte sogar noch weiter. Eigentlich sind es nur noch wenige Stellen in den Zentralalpen und in einigen Mittelgebirgen, die tatsächlich frei von Lichtverschmutzung sind. Doch ganz so dunkel muss es zum Glück nicht sein, um schöne Fotos zu machen.

Panorama der Milchstraße Bortle 3

Ein wirklich dunkler Ort im Grenzgebiet zwischen Bayern und Österreich. Bortle 3 / SQM 21,7
Die Lichtverschmutzung rechts ist Innsbruck (30 km Luftlinie). Die Lichtverschmutzung links ist München (85 km Luftlinie)
Canon 6D (normale Kaufversion) – Samyang 14 mm f/2.8 – 25 Sek. Einzelbilder zu einem Panorama – 2016


Mit ein wenig Geschick, guter Planung und dem Beachten einiger Hinweise kann man sogar innerhalb der Grenzen größerer Städte recht ansehnliche Ergebnisse erzielen. Nur die beeindruckenden Aufnahmen der hell leuchtenden Milchstraße oder gar der fantastische Anblick eines mit Sternen übersäten Himmels sind dort nicht möglich.
Es ist daher absolut sinnvoll einen dunklen Ort aufzusuchen, denn nur dort sieht man, was es am Himmel wirklich zu entdecken und fotografieren gibt. Da das jedoch nicht immer und für jeden möglich ist, werde ich auch auf die Möglichkeiten in der Stadt eingehen.
Zunächst aber Hinweise, wie man einen dunklen Ort findet. Am einfachsten geht es natürlich mit Satellitenkarten, Lichtverschmutzungskarten, Add-ons zw. Overlays für Google-Maps und speziellen Apps.
Einige möchte ich hier vorstellen. Da nicht jede Karte alle Gebiete gleichermaßen gut abdeckt, kann es durchaus sinnvoll sein, alle zu nutzen.




Einen guten Anhaltpunkt gibt das Google-Maps-Overlay bei blue-marble.de:

Blue Marble (Der Ausschnitt zeigt Hamburg und Berlin.)

Eine weitere Karte, ebenfalls basierend auf Google-Maps:

Avex-Asso (Der Ausschnitt zeigt erneut Hamburg und Berlin.)
(Achtung: Die Lichtverschmutzungskarten sind nur bei relativ hoher Zoomstufe verfügbar)

Sehr ähnlich ist diese Karte der weltweiten Lichtverschmutzung:

Lightpollution Map
(SQM-Werte beachten! Bortle-Klassen bei Lightpollution Map sind nicht vergleichbar und haben dort eigentlich nichts zu suchen.)

Und noch eine Karte, die Lichtverschmutzung anzeigt. Der ‘Darksitefinder’:

Darksitefinder

Sehr schön anzusehen ist auch der Atlas der Nachtaufnahmen aus der Internationalen Raumstation. Das sind Fotos, die von der Besatzung der ISS mit normalen Spiegelreflexkameras gemacht wurden. Es gibt zwar meistens nur für größere Ortschaften Bilder, aber die sind durchaus lohnenswert.
Die Fotos können in bester Auflösung betrachtet und herunter geladen werden.
Diese Aufnahme zeigt Neapel. Es wurde mit einer normalen Nikon DSLR + 400mm Objektiv fotografiert. Aus einer Höhe von 411km!

Atlas of ISS nightsky images Link nicht mehr verfügbar. Hier eine Alternative: cities at night

Hilfreich sind auch die hochauflösenden Karten, die die NASA zur Verfügung stellt. Auf ihnen basiert auch ‘Blue Marble’.
Hier können sie kostenlos heruntergeladen werden:
NASA-Karten




UPDATE Juni 2016:
Die Uni Osnabrück stellt die aktuellsten Lichtverschmutzungskarten als overlay für Google-Maps bzw. Goolge-Earth als Download bereit:
Lichtverschmutzungs-Overlay der Uni Osnabrück
(das ist eine kmz-Datei. Rechtsklick und download)

UPDATE März 2019:
Es gibt nun eine Karte, die die Veränderung der Lichtverschmutzung aufzeigt.
Man erstellt mit einem Werkzeug (links oben) eine Auswahl, indem man eine bestimmte Region umrandet. Danach werden Messwerte und ein Trendverlauf angezeigt:
Veränderung der Lichtverschmutzung

Ein weiterer Tipp ist, nach Naturtschutzgebieten Ausschau zu halten. Dort ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass keine Lichtverschmutzung den Blick beeinträchtigt – oder zumindest nicht extrem. Hell strahlende Laternen und Industrie gibt es dort zumindest nicht.
Vorsicht: In vielen Naturschutzgebieten gilt ein vollständiges Nachtparkverbot, nicht nur ein Campingverbot oder Parkverbot für Wohnmobile. Das steht teilweise nur irgendwo auf einer Website oder auf einem Schild am Eingang zum Naturschutzgebiet; nicht zwingend auf dem Parkplatz.

UPDATE Juni 2022:

Was ist eigentlich genau Dunkelheit?
Kann man sie messen oder irgendwie bestimmen?
Zwischen total hell und lichtverschmutzt auf der einen Seite und stockdunkel bzw. schwarz wie die Nacht, gibt es viele Zwischenstufen.
Doch wie genau legt man fest wie dunkel ein Ort ist?

Dieser Artikel gibt die Antwort:

Erklärung: Was ist die Bortle-Skala? Wie finde ich meine Bortle-Klasse raus?

Man kann die Dunkelheit mit Geräten messen.
Oder man kann sie mit den Augen selber bestimmen:
Die Bortle-Skala ist dabei mit Sicherheit die bekannteste Einteilung: 9 Stufen von absoluter Dunkelheit bis totaler Lichtverschmutzung.
In diesem Übersichtsartikel erfährst Du, was die Bortle-Skala ist, wie sie funktioniert und auch wo ihre Grenzen sind.
Für Anfänger geschrieben, verständlich und ohne komplexe Fachsprache.

Wenn der dunkle Ort gefunden ist

Hast Du nun eine dunkle Gegend für Dich entdeckt, so plane unbedingt genügend Zeit ein, um Dich dort genauer umzusehen. Das ist nicht nur wichtig, um ein schönes Motiv zu finden, sondern auch, um die Gegebenheiten vor Ort genauer abzuschätzen. Die Lichtverschmutzungskarten sind nur recht grob und einzelne Lichtquellen nicht zu erkennen.

Lass Dir also Zeit. Schau Dich um. Erkunde das Gelände.
Eine vermeintlich einsame Alm kann z.B. ein Hotel beherbergen, auf einem Berg im Hinterland kann ein beleuchtetes Windrad stehen und die bei Tageslicht so einsam wirkende Burgruine wird nach Sonnenuntergang plötzlich von Flutlichtern angestahlt, die auch den Himmel erleuchten.
Dieser Tipp kommt nicht von ungefähr. Ich habe es selbst schon erlebt, wie offenbar einsame Berghänge nachts auf einmal von mehreren Pistenraupen befahren wurden, die mit ihren Strahlern meine Kamera auch noch in einigen km Entfernung blendeten und das bis um 4 Uhr in der Früh. Auch die Fernlichter von Autos haben eine enorme Strahlkraft und können von weit her in die Kamera leuchten.
Also: Egal wie gut und aktuell eine Lichtverschmutzungskarte ist, sie ersetzt niemals die genaue Erkundung vor Ort, denn Details zu kleinen (aber höchst störenden) Lichtquellen zeigt keine Karte an.

Schau evtl. auch mal in die Dienste von Google-maps und Openstreetmap.
Die 3D-Funktion von Google-Maps ermöglicht Dir Höhenprofile abzuschätzen und so zu erkennen, ob der gewählte Ort möglicherweise nicht so leicht zu erreichen ist, wie es anfangs scheint, da erst ein Fußmarsch von 2 Stunden auf einen recht steilen Berg notwendig ist. Ebenso ermöglichen die Höhenprofile Hindernisse im Bild schon vorab auszuschließen.
Openstreetmap bietet den Vorteil, dass Rad- und Wanderwege oftmals genauer und besser eingezeichnet sind.

Sternenfotografie in der Stadt

„Lichtverschmutzung – keine Sterne.“ Das ist das Erste, das mir einfällt, wenn ich an den Sternenhimmel in der Stadt denke.
Wenngleich es in der Stadt niemals richtig dunkel wird, ist es trotzdem möglich, schöne stimmungsvolle Fotos zu machen. Die Milchstraße wird man zwar niemals richtig sehen, aber gänzlich unmöglich ist es dennoch nicht. Hier sind einige Tipps, die man beim Fotografieren in der Stadt beachten sollte:
Möglichst weit weg von bewohnten Vierteln und Industrieanlagen, die auch nachts betrieben werden.
Künstliche Lichtquellen – und sei es nur eine einzige Straßenlaterne – sollten möglichst weit weg sein. Das Streulicht einer einzigen Straßenlampe kann unschöne Reflexionen im Objektiv verursachen.
Sonnenblende verwenden, um den Einfall von Störlicht in die Linse zu unterbinden.
Möglichst nach Mitternacht, da dann insgesamt weniger Licht eingeschaltet ist. Teils werden nach 24 oder 1 Uhr Straßenlaternen ausgeschaltet
Geeignet sind daher Parks, große Friedhöfe, Kiesgruben und andere freie Flächen. Oftmals sind solche Orte gut mit dem Fahrrad zu erreichen und für erste Versuche oder einfach nur eine spontane, entspannte Fotonacht mit Freunden gar nicht so verkehrt.
Wenn man an den Stadtrand fährt, dann eignet sich der Süden besonders. Denn die Milchstraße befindet sich immer mehr oder minder südlich, jedoch nie im Norden. Und auch wenn sie aufgrund der Lichtverschmutzung meist nicht sichtbar ist, kann die Kamera sie vielleicht dennoch ‘sehen’.
Der nördliche Stadtrand eignet sich hingegen eher für die Erstellung von Strichspuren.

Hier zwei Beispiele, die innerhalb der Stadgrenzen von München aufgenommen wurden, etwa 9 km vom Stadtzentrum entfernt. Allerdings noch innerhalb des Autobahnrings, der sich in nur etwa einem km Entfernung befindet, jedoch hinter bzw rechts von der Kamera.

Hier ein weiteres Beispiel aus dem Stadtzentrum. Diese Darstellung ist nur möglich mit der Überlagerung unterschiedlicher Belichtungszeiten für Stadt und Sternenhimmel:

Nur mit Composing möglich: Erstaunlich viele Sterne direkt über dem Zenturm Großstadt. Zum Anzeigen der Sternbilder Maus über Bild bewegen!

Dennoch: Auch wenn es in der Stadt möglich ist den Sternenhimmel zu fotografieren, richtig Freude bereitet es erst außerhalb besiedelter Gebiete. Wenn ein Auto zur Verfügung steht, sollte man schon eine Fahrt von etwa 20-50 km einplanen um an einen dunklen Ort zu gelangen. Es lohnt sich auf jeden Fall!

Ist der dunkle Ort nun gefunden, sollte der richtige Zeitpunkt gewählt werden.
Welcher das ist, lässt sich hier nachlesen: “Richtigen Zeitpunkt finden”

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3 Gedanken zu „Dunkle Orte finden“

  1. Moin, moin, Dein Artikel ist sehr informativ! Gerade für Astroanfänger wie mich sind solche Erstinformationen sehr wichtig! Sie erlauben mir eine gute Vorbereitung meines Fotoprojektes!

    Danke,
    Peter

    Antworten
  2. Hallo Adam,

    Danke für Deine Hilfen, Infos, Mühen…!
    Ich fühle mich nicht nur gut unterhalten, sondern auch prima informiert.

    Beste Grüße
    Norbert

    Antworten
  3. Hilfreich, klar, eindeutig.
    Rettet die Nacht ist dabei nicht nur für Fotografen interssant, denn die Chronobiologie zeigt, wei ALLE Lebewesen durch den Lichtschmutz gestört werden. Die Projekte “Sternenparks” in Deutschland (https://www.lichtverschmutzung.de/seiten/sternenparks/), angeregt durch die IDA (https://www.darksky.org/eyes-in-the-sky-exploring-global-light-pollution-with-satellite-maps/?utm_source=IDA+Email+Newsletter&utm_campaign=65f2b47954-April_eNews4_14_2016&utm_medium=email&utm_term=0_0293ce0494-65f2b47954-206077105) bieten Hilfe zur Verbesserung, ebenso eine EU-Petition (https://www.nachhaltig-beleuchten.de/blog/mitmachen/petition-nr-0362-2018-zur-moeglichen-verabschiedung-europaeischer-rechtsvorschriften-gegen-lichtverschmutzung/)

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