[274 mm] – [SCO]
Das blaue Pferd

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Aufnahmedaten

Weitere Bezeichnungen und Objekte Blauer Pferdekopfnebel, vdB 100, vdB 101, vdB102, vdB 103, Barnard 40, 41, B43, IC4592
SternbildSkorpion
Datum06.+09.+10.07.2021
OrtToscana – Italien – 790 müNN – 21,25 mag
KameraCanon 6Da (Fullframe / astomod)
OptikOmegon 61/274 (Hier mein Testbericht)
MontierungiOptron CEM25p
Mein Testbericht der CEM25p
Nachfolgemodell CEM26
Belichtungszeit296*120 Sek = Summe: 9h + 52 min. / ohne PC, ohne Guiding
Weiteres?Wie üblich: Ohne Filter. NINA + phd² / Norden ist unten.

Der blaue Pferdekopf

Der blaue Pferdekopf (-Nebel) ist sicherlich eines der ikonischsten Gebiete am Nachthimmel und mit Sicherheit eines der Ziele, die für Anfänger sowohl ein Traum als auch eine große Herausforderung sind.
Dabei eignet sich das Objekt (oder die Objekte) für fast jede Brennweite, wie die Bilder ganz unten zeigen: Bereits mit 85 mm ergibt sich ein schönes Feld und ‘Nahaufnahmen’ mit über 1000 mm zeigen dann zauberhafte Details der einzelnen Teilbereiche.
Die knapp 300 mm die ich hier (mit einer Vollformatkamera) genutzt habe, sind in dieser Kombination ideal, um ‘das ganze Pferdeköpfchen’ bildfüllend abzulichten.


Der Standort in der Toscana & die Bedingungen:
Leider (sehr, sehr leider!) sind die dunklen und hoch gelegenen Alpenstandorte, an denen ich so oft wie möglich fotografiere viel zu häufig wolkenverhangen.
Zum Glück habe ich einen Ausweichstandort, den ich immer dann ansteuere, wenn ich ca. eine ganze Woche Zeit habe und dort die Wettervorhersage eine fast 100%ige Garantie für einen sternenklaren Himmel gibt (das ist fast immer der Fall).
Der Standort bietet neben der ‘gutes Wetter Garantie’ noch einen weiteren Vorteil: Er liegt in einem Naturschutzgebiet im absoluten Nichts. Ich kann meine Teleskope aufbauen und tagelang stehen lassen. Denn außer einem Schäfer, der sich täglich nach meinem Wohlbefinden erkundigt, gibt es dort niemanden.
Der letzte Vorteil kommt vor allem im Sommer zum Tragen: Während es in Deutschland im Juni überhaupt nicht richtig dunkel wird und in Süddeutschland gerade einmal knappe 2 Stunden erreicht werden, hat man in der südlichen Toscana satte 4,5 Stunden echte astronomische Dunkelheit.

Allerdings hat der Standort auch ein paar Nachteile:
Er liegt in der südlichen Toscana, was ca. 8 Stunden Anfahrt bedeutet. Das ist aber kein Problem, wenn man 7 klare Nächte garantiert bekommt.
Deutlich unangenehmer ist, dass ich dort eben nicht in den Bergen bin, sodass die ‘Dicke der Atmosphäre’ einen deutlich negativen Einfluss hat (Flachland ist grundsätzlich schlecht). Hinzu kommt, dass es direkt im Südwesten eine Hafenstadt gibt und sich deren Lichtkegel in der feuchten Luft und der dicken Atmosphäre bricht und streut.
Zuletzt wäre dann noch die hohe Temperatur zu nennen. Tagsüber in den Sommermonaten von Mai bis September meist über 35°. Nachts ist das mit 20 bis 25° an sich angenehm, aber für ungekühlte Kameras (wie hier die Canon 6Da) grauenhaft: Die Sensoren erwärmen sich auf deutlich über 30°.

Aber: Die Ruhe und die Garantie für schönes Wetter treiben mich immer wieder in diese zauberhafte Naturlandschaft.

Das Bild:
Die allgemeinen Bedingungen habe ich gerade angesprochen.
Bei diesem Bild kam im speziellen folgendes negativ hinzu:
Der Skorpion und somit auch der blaue Pferdekopf ist eigentlich eine Zielregion für den späten Winter und das Frühjahr – also von März bis Mai. Denn dann steht er in Mitteleuropa zu einem möglichst dunklen Zeitpunkt der Nacht möglichst hoch am Himmel. Und zwar auch relativ lange.
Im Juli ist das ganz anders: Da hat der Skorpion zum Beginn der Nacht bereits seinen höchsten Punkt (die maximale obere Kulmination) überschritten und nähert sich mit jeder Minute weiter dem Horizont.
An diesem Standort bedeutet das auch: Der Skorpion taucht immer tiefer in die Lichtglocke und den Dunst über dem Meer und der Hafenstadt ein.
Absolut nicht ideal!
Und genau das kann man in dem Bild auch erkennen: 10 Stunden Belichtungszeit sind eigentlich eine ganze Menge. Aber unter diesen Bedingungen noch immer nicht genug.
(Vergleiche mal das 135 mm Bild unten. Fotografiert im März in den Alpen mit einer steinalten Canon 7Da Crop-Kamera und nur etwa 3,5 Stunden Belichtungszeit!)

Die Objekte
Klar: Der blaue Pferdekopf ist in seiner Gesamtheit ‘das’ Objekt des Bildes. Aber bei genauerer Betrachtung kann man in dieser riesigen Staubwolke einzelne Teilbereiche ausmachen:
✷ Am größten und auffälligsten ‘das Auge des Pferdes’, der blau schimmernde Reflexionsnebel van den Bergh 100.
✷ Wahrscheinlich noch etwas spannender ist der Bereich unter dem Pferdeohr: Hier finden sich mit vdB 102 und 103 zwei weitere blaue Reflexionsnebel, aber mit 101 auch ein eher seltener gelber Reflexionsnebel.
✷ Wenngleich nicht so bunt und ins Auge stechend ist dann der ganze Rest. Das was da ist, bzw, das was da verdeckt wird:
All die mehr oder weniger dichten, teils sehr filigranen und kleinteiligen Staubstrukturen, die kaum leuchten und nur schwach das Licht all der umgebenden Sterne reflektieren. Einige Flecken hat Edward Barnard für seinen Aufsatz ‘On the dark markings of the Sky’ markiert (B40, 41 und 43); Objekte die wir heute im ‘Dunkelnebelkatalog von Barnard’ finden, die für ihn jedoch Forschungsobjekte waren.
Gleich ‘nebenan’ in der Rho Ophiuchi Molekülwolke führte Barnard vor fast genau 100 Jahren den Beweis, dass es genau diese dunklen Wolken tatsächlich gibt, die hier auf meinem Bild überdeutlich zu sehen sind.
(Das 85 mm Bild unterhalb zeigt diese Region, bezeichnet mit vdB 106. Ich habe sie auch mit 450 mm fotografiert und genauer in diesem Beitrag besprochen.

Zuletzt noch ein kleiner ‘Unfug’:
Für mich schaut der blaue Pferdekopf ein wenig wie ein Rattenkopf auf. Eines der Bilder unterhalb illustriert das.


Hier nun einige Bilder im Anhang:

  • Zunächst das hier besprochene Bild und dasselbe inkl. Objektebezeichnungen
  • Dieselbe Aufnahme, allerdings in einer Entwicklung mit nur 5, statt 10 Stunden Belichtungszeit – ein deutlicher Unterschied!
  • Der Standort: Der Skorpion taucht direkt in den Lichtkegel der Hafenstadt ein.
  • Eine Aufnahme mit 135 mm
  • Eine weitere mit 85 mm
  • Der Rattenkopf
  • Der Hinweis zu meinem Artikel zum Sternbild Skorpion, in dem diese Himmelsregion beschrieben wird:
    Der antike Mythos (wie kam der Skorpion an den Himmel?), einige spannende astronomische Hintergründe und genaue Vorstellungen diverser Deep-Sky-Objekte.

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