Zwei Teleskope: R61 und O61.
Zwei Teleskope mit 274 mm Brennweite bei 61 mm Öffnung und einem Öffnungsverhältnis von f4.5.
Zwei Teleskope, die äußerlich (abgesehen von der Farbe) absolut identisch aussehen und vom selben Hersteller kommen.
749.- vs. 1355.- Euro // Doublet vs. Triplet.
Das klingt doch mal nach einem spannenden Vergleich.
Wobei:
Der Vergleich von zwei Teleskopen ist sicherlich nicht das einfachste, was es gibt. Vor allem dann, wenn man sich selber vorgenommen hat, jede Fehlerquelle so gut wie möglich auszuschließen, um den Test absolut fair zu gestalten.
Ich denke jedoch, dass mir das so gut gelungen ist, wie es nur möglich sein kann – zumindest dann, wenn man als Amateur mit einem mobilen Setup live am Stern und nicht in einem Labor testet.
Also:
Herzlich Willkommen zu R61 vs. O61!
Herzlich Willkommen zum Shootout unter Realbedingungen!
Warum ich die beiden Teleskope verglichen habe und wie ich dabei sowohl draußen in der Nacht als auch drinnen am PC bei der Bildbearbeitung vorgegangen bin, erfährst Du hier.
Die Testbedingungen beschreibe ich dabei recht genau, die Bildergebnisse hingegen kommen fast ohne Worte aus.
Viele vergleichende Bilder sollen es Dir ermöglichen, Dir selber einen Eindruck zu verschaffen. Du kannst Dir also ganz konkret und nicht nur sprichwörtlich “dein eigenes Bild machen”. Und zwar ohne dass ich Dir sage, was Du zu sehen hast. Schaue und entscheide selber.
Um Dich nicht zu beeinflussen, während Du die Testbilder anschaust, folgt mein persönliches Fazit erst ganz zum Schluss.
Warum ein Test?
Testaufbau Praxis / Live in der Nacht
Testaufbau Bildentwicklung
2. Ergebnisse
Entwickelte Bilder und unbearbeitete Einzelbilder
–> Sharples 131 mit IC1396
–> Cocoon-Nebel
–> Cirrus-Nebel
–> Blauer Pferdekopf-Nebel
3. Outro
Pro und Contra
Fazit
Freundliches Schlusswort
1. Teil – Intro & Testaufbau
Grund/Ursache des Vergleichstests
Tja – was hat mich dazu getrieben, diese beiden Teleskope zu vergleichen?
Natürlich Neugierde und Spieltrieb. Es macht mir irrsinnig viel Spaß, Equipment auszuprobieren und zu vergleichen.
Aber die Neugierde wurde ja irgendwie geweckt:
Der wirkliche Auslöser für diesen Vergleichstest waren die Werbe-Videos von Trevor/Astrobackyard und OPT zum Radian Raptor R61.
Schon beim ersten Ansehen hatte ich ein ungutes Gefühl.
Aus diesem unguten Gefühl wurde mit der Zeit und dem genaueren Hinschauen die sehr starke Vermutung, dass man da leichtgläubige Einsteiger etwas… naja… verarschen möchte.
So viele Aussagen der Videos wirkten komisch, falsch, übertrieben, ja fast gelogen. Und vor allem machte der Raptor einen enorm vertrauten Eindruck: Ich kannte jedes Bauteil, den gesamten technischen Aufbau, die gesamte Konstruktion.
Wollten OPT und Trevor/Astrobackyard mir wirklich ein (gutes, solides) 0815-Massenteleskop als etwas ganz außergewöhnliches, einzigartiges andrehen?!
“The Raptor is different than all the other options out there!”
(Trevor/Atrobackyard)“The Raptor is an epic experience and comes with everything you will need.”
(OPT)
Also bestellte ich den sagenumwobenen Raptor. (Wer lässt sich schon eine einzigartige, unvergleichliche, ja, eine geradezu <Zitat > ‘epische Erfahrung’ entgehen?!
Und ich bestellte ein zweites, deutlich günstigeres Teleskop, das von vielen der Spezifikationen recht ähnlich wirkte.
Als ich dann beide in der Hand hielt, wurde aus der sehr starken Vermutung eine endgültige Gewissheit:
Die Teleskope kommen aus derselben Fabrik. Mein Eindruck, dass all das ach so besondere am Raptor tatsächlich all das war, was ich bereits von zwei meiner Teleskope kannte, hatte mich nicht getäuscht. Der Hersteller baut schließlich immer nach demselben Schema, mit der gleichen Konstruktion und daher unverkennbar.
Die Frage von Trevor,“what makes the Raptor different than all the other options?!”, konnte ich damit recht schnell mit “eigentlich nichts” beantworten.
Zumindest auf die Konstruktion bezogen.
Denn wie es sich mit der Abbildungsleistung verhält, kann man einem Teleskop natürlich nicht von außen ansehen.
Damit war auch klar, dass Trevor das Teleskop selbstverständlich nicht designt hatte, sondern eigentlich nur der Werbeträger ist.
(Trevor: “Ich habe die technischen und optischen Eigenschaften designt.”)
Es gibt den Radian Raptor bereits. In einer anderen Farbe und unter zwei anderen Namen. Und: Deutlich günstiger.
Entweder als Sharpstar 61 oder als TS EDPH 61 II. Soweit ich das beurteilen kann, sind diese beiden und der Raptor identisch und baugleich – von der Farbe und unnötigem bzw. wichtigem aber leider fehlendem Zubehör beim “it comes with everything you need”-Raptor mal abgesehen. (Zubehör, das bei den anderen selbstverständlich dabei ist!)
Es wäre also naheliegend, den Radian Raptor mit dem TS EDPH 61 oder dem Sharpstar 61 zu vergleichen – die Ergebnisse müssten identisch sein.
Ich habe mich aber für meinen Vergleich gerade nicht für das identische Modell entschieden, sondern für ein nochmals deutlich billigeres.
Warum?
1. Weil sich meine Website vor allem an Einsteiger richtet. Ich fand (und finde) es sehr interessant, eines der günstigsten Geräte (und dennoch in weiten Zügen baugleiches) mit dem gehypten Raptor zu vergleichen.
Auch bzw. gerade weil ich davon ausgehen musste, dass der Raptor schon etwas besser sein sollte – aber keinesfalls den Aufpreis wert ist.
2. Der Vergleich von zwei baugleichen Geräten wäre irgendwie langweilig gewesen…
Der Reiz liegt ja gerade darin, keine zwei identischen Geräte zu vergleichen, die dann identische Bilder erzeugen. Spannend wird es vor allem aufgrund der Tatsache, dass hier zwei Geräte gegenübergestellt werden, die fast gleich sind, aber eben doch nicht ganz und sich im Preis extrem unterscheiden.
Ich bin sicher, dass das auch für Dich interessant sein wird und kann Dir versprechen, dass die Ergebnisse spannend sind.
Folgende Kontrahenten in diesem “ungleichen Vergleich”, der aber wortwörtlich auf Augen- oder besser Linsenhöhe stattfindet, stehen im Ring, also unter dem Sternenhimmel:
“In der linken Ecke der Milchstraße sehen Sie den Radian Raptor Triplet, Kampfname R61. Ein schwarzes Gerät mit einzigartigen roten Applikationen, das einen stolzen Preis von 1350.- auf die Waage bringt. Ein Neuling, der vom eigenen Team mit vielen Vorschusslorbeeren bedacht wurde und mit einer ganzen Reihe vollmundiger Versprechungen aufwarten kann.
Und in der rechten Ecke der Herausforderer: Der Omegon ED PRO Apo Doublet, Kampfname O61. Sein helles Äußeres und der niedrige Preis von nur 749.- Euro lassen ihn wie ein Leichtgewicht erscheinen.
Doch die stolz getragenen roten Applikationen zeigen, dass auch der O61 aus einem erfahrenen Team stammt. Wir sind auf seine inneren Werte gespannt.”
Beide Geräte habe ich in eigenen Artikeln vorgestellt. Sie sind annähernd gleich. Die Unterschiede finden sich in der Farbe, im mitgelieferten oder fehlenden Zubehör. Und natürlich in Teilen der optischen Elemente: Bei ansonsten identischer Konstruktion handelt es sich beim O61 um ein Doublet, beim R61 um ein Triplet.
Die Hauptmerkmale, nämlich 274 mm Brennweite bei 61 mm Öffnung und Bauteile wie Fokusser, Taukappe, Rotator, Flattener/Reducer etc. sind absolut identisch.
Wenn Du beide Geräte kennenlernen willst, so sind hier die jeweiligen Artikel:
Der R61:
Was es genau mit dem Raptor auf sich hat, warum ich die Videos von Trevor/Astrobackyard und OPT für reine Werbevideos mit teilweise dreisten Lügen halte, erfährst Du in aller Ausführlichkeit in diesem Artikel zum Radian Raptor.
Dort zerlege ich die Aussagen der beiden Videos, zeige auf, was alles erlogen und maßlos übertrieben ist und warum ich denke, dass Trevor einfach nur als recht ahnungsloser Werbefuzzi daherkommt, der das Teleskop direkt nach dem Auspacken und vor der ersten Benutzung in die Kamera hält und erklärt: “Ich habe es nun mehrere Wochen genutzt.”
Als Teaser:
– Es ist ein 274 mm Teleskop, wird aber (damit es nicht auffällt, dass es mehrere identische gibt) von Trevor und OPT als 275 mm angepriesen. (Dummerweise haben sie in den Videos vergessen, den Aufkleber vom Teleskop zu entfernen, auf dem 274 mm steht – man muss aber genau hinschauen.)
– Trevor verkündet: “Ich habe das Teleskop nun mehrere Wochen jede Nacht genutzt” und auch “Ich war unnachgiebig beim Design des Fokussers.”
Nur, um direkt im Anschluss zu zeigen, dass er die Schraube, die den Fokusser fixiert, nicht kennt und ebenso wenig jemals den Rotator des Teleskops entdeckt hat. Stattdessen glaubt er, dass der Flattener der Rotator sei. (Ein Designer, der nach 6 Monaten Design-Prozess und vielen Wochen Nutzung sein eigenes Gerät und dessen Bauteile nicht kennt und es beschreibt und bedient, als sähe er es zum ersten Mal in seinem Leben…)
Doch da ist sooo viel mehr. Die Videos von OPT und Trevor/Astrobackyard triefen vor Übertreibungen, Falschaussagen, haltlosen Behauptungen, dreisten Lügen und unfassbarer Ahnungslosigkeit.
Doch mehr dazu in dem Artikel zum Radian Raptor. Hier geht es ja um den Vergleich von diesem und einem anderen.
Und dennoch ist es angeblich “anders als alle anderen” und ein episches Erlebnis.
Was steckt also hinter dem Hype um den Raptor? Was genau macht es so einzigartig? Und: Wie episch war mein ganz persönliches Erlebnis?
Ein sehr informativer, reich bebilderter und ironisch-bissiger, ein geradezu epischer Artikel wartet auf Dich!
Der O61
Wie sich hingegen der deutlich günstigere Omegon O61 für sich alleine betrachtet schlägt, warum das an sich und im Prinzip ein weniger gutes Teleskop sein sollte (aber fast nicht ist), erfährst Du hingegen in diesem Bericht zum O61.
Doch: Wie gut kann günstig sein? Kann man so ein Gerät empfehlen? Und wie schlägt es sich im Vergleich zu anderen?
Ein informativer und reich bebilderter Artikel wartet auf Dich!
Um das nochmals klar zu machen:
Der Radian Raptor (R61) und der Omegon (O61) sind nicht 100% baugleich. Mein Vergleich hier bezieht sich nicht auf zwei absolut identische Teleskope!
Das Gehäuse, alle Details und alle technischen Aspekte, wie Fokusser, Taukappe, Flattener etc, pp… sind baugleich. Nicht jedoch die optische Konstruktion, wobei aber dasselbe Glas zum Einsatz kommt (vermute ich. Denn beim Raptor wird das verwendete Glas komischerweise nicht angegeben. Es heißt nur “Premium-Glas”, was auch immer das nun genau bedeutet. Der O61 ist jedenfalls mit FLP53 Glas ausgestattet.)
Es sind also sehr ähnliche Teleskope, jedoch in der optischen Konstruktion leicht unterschiedlich: Einmal in einer Doublet-Ausführung (der O61) und einmal als Triplet (der R61).
(Bei Cloudy Nights, dem größten englischsprachigen Astro-Forum, ist zu lesen, dass der Hersteller sich nur für den Umbau auf ein Triplett entschieden habe, da die Kundschaft das nach der erfolgreichen Einführung des Redcat forderte. Ein Unterschied in den Bildern sei kaum auszumachen.)
Die Erwartung vor dem Test:
–> Triplet ist besser als Doublet!
Die Frage vor dem Test:
–> Wie viel besser? Lohnt sich der fast doppelt so hohe Preis für den Radian Raptor?
Ein fairer Test?
Ein vergleichender Test macht nur dann Sinn, wenn die Testbedingungen gleichbleibend bzw. wiederholbar sind.
Und überhaupt macht ein Test auch nur dann Sinn, wenn man ihn fair und objektiv aufbaut.
Ich hatte bei beiden Teleskopen vor dem ersten Vergleichstest keinerlei Eindruck, wie sie abbilden. Ich habe anfangs in mehreren Nächten Vergleichsbilder gemacht und währenddessen kein einziges Bild entwickelt oder angeschaut. Ich habe die Daten erzeugt, ohne mögliche Stärken oder Schwächen der Teleskope zu kennen.
Ich habe also mich selber als Fehlerquelle so gut wie möglich ausgeschlossen.
(Ehrlich gesagt, blieb mir auch nichts anderes übrig: Meine ersten Fotos erstellte ich irgendwo im Nirgendwo. Der Laptop, den ich dabei hatte, eignet sich nicht für Bildentwicklungen. Alles was ich sehen konnte, waren also kleine Vorschaubilder.)
Zu den gleichbleibenden Testbedingungen:
Um einen Test fair zu gestalten, müssen also a) die Umgebungs-Bedingungen und b) jedes weitere Equipmentteil (neben dem Teleskop selber) möglichst identisch sein.
Übertrieben und bildlich ausgedrückt:
Ich kann nicht ein Teleskop im Hamburger Hafen testen, also an einem Standort mit Dunst und viel Lichtverschmutzung und ein anderes in der Atacama-Wüste bei traumhaften Bedingungen. Und erst recht kann ich hinterher nicht zur Schlussfolgerung kommen: “Das in der Großstadt getestete macht schlechtere Bilder.”
Genauso wenig kann ich an einem Teleskop eine Digitalkamera der ersten Generation nutzen und am anderen den neuesten gekühlten back-illuminated Sensor, nur um dann festzustellen: “Das mit der gekühlten High-End-Kamera macht bessere Bilder.”
Standort und weiteres Equipment müssen identisch sein!
Und dasselbe gilt sinngemäß auch für die Bildentwicklung:
Denn hat man zwar unter identischen Bedingungen mit identischem Equipment Daten generiert (also Fotos gemacht), so muss man diese Daten auch im Anschuss identisch behandeln.
Auch hier als phantasievolles Extrembeispiel:
Ich kann nicht den einen Datensatz mit Windows Paint™ entwickeln und den anderen Datensatz im Bildentwicklungslabor der NASA, nur um dann festzustellen: “Huch!? Das eine Bildergebnis ist ja deutlich besser, also muss das Teleskop besser sein.”
Die genutzten Programme und Entwicklungsschritte müssen identisch sein!
Daher erfährst Du nun, was ich gemacht habe, um alles so identisch wie möglich zu gestalten. Immer mit dem Ziel, wirklich nur die Teleskope zu testen.
Jeder Unterschied, der sich in den Daten/Bildern findet (oder auch nicht), sollte also eindeutig nur auf das jeweilige Teleskop zurückzuführen und nicht von anderen Faktoren (Standort, Equipment, Bildentwicklung) beeinflusst sein.
Fotografiert wurde im Hochsommer in Italien (Juni, Juli) bei hohen Außentemperaturen von über 20° und Sensortemperaturen von deutlich über 30°.
Dank der kurzen Sommernächte umfassen alle Bilder nur sehr wenig Belichtungszeit. In der Regel um die 3 Stunden.
Testaufbau draußen
Der Testaufbau draußen in der Nacht war so gestaltet, dass ich alle denkbaren Fehler ausschließen konnte:
Beide Teleskope wurden nebeneinander auf dieselbe Montierung gesetzt (CEM25p oder GEM45G).
An beide Teleskope wurde die gleiche Kamera angeschlossen (jeweils eine Canon 6Da mit zwei baugleichen, gleichzeitig neu gekauften Adaptern.)
Und es gab natürlich ein gemeinsames Guiding.
Adapter und Kameras wechselten von Nacht zu Nacht zwischen den Teleskopen.
Damit konnte ich fast alle Faktoren ausschließen, die bei anderen Tests (Nacheinander-Tests) eintreten würden:
Guidingeffekte, Effekte von Wind, Wetter, Temperatur, Seeing und Transparenz, Effekte der Montierung und Effekte des Standorts.
Die Teleskope sahen zeitgleich am selben Ort denselben Himmel.
Sie hatten also dieselben Seeing-Probleme (oder auch nicht), dieselbe Temperatur, denselben Wind. Sie saßen gemeinsam auf derselben Montierung und hatten somit auch dasselbe Guiding und dieselben Nachführfehler (oder auch nicht).
Fotografiert wurde auch noch mit denselben Kameras und zwar die gleiche Anzahl von Bildern mit den gleichen Kameraparametern und Belichtungszeiten.
Mehr Einheitlichkeit kann ich unmöglich herstellen.
Unterschiede in den Bildern sind somit so gut wie ausschließlich auf die verwendete Optik (R61 oder O61) zurückzuführen.
Welche Fehlerquellen kann ich nicht ausschließen?
Menschliche Fehler.
Es ist also durchaus möglich, dass ich, trotz Bahtinov-Maske, das eine Teleskop zu 99,7% in den Fokus gebracht habe, das andere nur zu 99,2%.
Und in einer anderen Nacht dann umgekehrt.
Auch aus diesem Grund habe ich nicht nur ein vergleichendes Testbild, sondern mehrere aus mehreren Nächten.
Wiederkehrende Unterschiede, die sich in allen Testbildern aus allen Nächten immer wieder zeigen, müssen wirklich in der Optik begründet sein.
Testaufbau Bildentwicklung
Der Testaufbau bei der Bildentwicklung war ebenfalls so gestaltet, dass beide Datensätze identisch entwickelt wurden. D.h. ich habe nicht alle Entwicklungsschritte gemacht, die ich normalerweise anwende.
Ich habe nichts wirklich individualisiert, nicht mit speziellen Masken oder ähnlichem gearbeitet. Ziel der Entwicklung: Keep it simple!
Entwickelt wurde mit PixInsight.
(Du musst PixInsight nicht kennen, um meine einfache Entwicklung zu verstehen! Was ich gemacht habe, kann man in jedem Astro-Programm machen. Grob gesagt: Rohdaten stacken, das gestackte Bild strecken, Sterne verkleinern, nochmal leicht strecken. Zuletzt Kurven für Kontrast und Farbsättigung. Fertig.
Praktisch ist: Man kann in PI jeden Prozess, jeden Entwicklungsschritt speichern und identisch auf ein anderes Bild anwenden.)
Ich habe also die Datensätze mit denselben Parametern gestackt (Batch PreProcessing Script). Danach die beiden Master-Stacks aufeinander registriert (Star Alignement) und identisch beschnitten (Dynamic Crop).
Nun hatte ich zwei deckungsgleiche Rohstacks.
Diese habe ich in PI mit der STF vorgestreckt, den Hintergrund mit der ABE oder der DBE (wobei identische Parameter und ‘Kästchen’ genutzt wurden) geebnet und zuletzt mit der photometrischen Farbkalibrierung einen korrekten Weißabgleich eingestellt.
Bereits hier zeigten sich dann Unterschiede: Trotz Farbkalibrierung haben die Bilder der beiden Teleskope eine leicht unterschiedliche Farbtönung. Nicht “gut und schlecht”, sondern einfach leicht unterschiedlich. Ohne Vergleich würde man das mit Sicherheit nicht merken.
Im Anschluss erstellte ich je eine Sternmaske (identische Parameter), verkleinerte die Sterne mit dem MTF-Prozess (identische Parameter) und streckte das Bild ein weiteres Mal (identisch).
Zuletzt wendete ich (identische) Kurven an (sanfter Kontrast und Sättigung).
Das war es.
Keine Entrauschung, keine Schärfung, keine individuellen Anpassungen, keine Veränderungen von Teilbereichen mit z.B. individualisierten Luminanzmasken, die einzelne Nebelbereiche umfassen.
In Summe also eine klassische, einfache Basis-Entwicklung, die bei beiden Bildern wirklich identisch ist.
Dabei hatte ich von Anfang an immer beide Datensätze parallel geöffnet und nahm jeden Entwicklungsschritt an beiden Bildern vor, bevor der nächste Schritt folgte.
(Also Bild 1 strecken, dann Bild 2 strecken, dann Bild 1 Kurven, dann Bild 2 Kurven. Schritt für Schritt immer an beiden Bildern.)
2. Teil – Ergebnisse
Vergleichende Bilder
Hier folgen nun Bilder und sehr wenig Text.
Grob gesagt sind es einfach nur vergleichende Bilder, meist Screenshots, die während der parallelen Entwicklung in PixInsight entstanden sind.
Wie oben beschrieben, habe ich die Bilder recht simpel entwickelt, beide Bilder gleichzeitig und identisch.
In den Screenshots findet sich teils die Bezeichnung des zuletzt angewandten Entwicklungsschritts in PixInsight und auch jeweils die Kurzbezeichnung (O61 oder R61) des jeweiligen Teleskops. Bei allen folgt immer alles demselben Schema.
Dabei gilt auch:
Links O61
Rechts R61
Hier ein Beispiel:
Achte beim Betrachten nicht so sehr auf den Farbeindruck, denn Farben kann man anpassen/verändern und leichte farbliche Unterschiede siehst Du nur in dieser direkten vergleichenden Gegenüberstellung.
Achte eher auf die Details, die Schärfe, Bildfehler etc. Denn die sind wirklich in den Daten und nicht veränderbar.
Am PC kann man die (anklickbaren/vergrößerbaren) Bilder auch mit den Pfeiltasten der Tastatur durchklicken (blinken) und somit durch rasches Hin- und Herschalten besser Unterschiede erkennen.
Auch können sie mit ‘rechtsklick + in neuem Tab öffnen’ getrennt betrachtet werden.
Bildervergleich #1 – Sharpless 131
Sharpless 131 ist besser bekannt als Elefantenrüssel-Nebel im Kepheus.
Allerdings ist der Elefantenrüssel nur ein kleiner Teil der großen roten Region (nämlich die Globule IC 1396A, die sich mit IC 1396B noch fortsetzt). IC 1396 bezeichnet hingegen einen offenen Sternhaufen. Der fast runde Nebel selber findet sich wie ein Großteil der Emissionsnebel nicht im NGC, sondern als Einzelobjekt gelistet nur als Sharpless 131. (Dasselbe gilt übrigens für den Rosettennebel im Einhorn. Auch dort steht die Bezeichnung NGC 2244 für einen offenen Sternhaufen.)
Aber das nur nebenbei.
Hier gibt es nun folgende Bilder zu sehen:
1. Die fertig gestackten und deckungsgleich beschnittenen Rohbilder – einzig in PI mit der STF vorgestreckt. Und zwar als Vollbild und in zwei verschiedenen Zoom-Stufen zum Vergleich und zur besseren Sichtbarkeit der Details.
2. Dieselben Bilder, allerdings mit der ABE geebnet.
3. Nun mit angewandter ‘photometric color calibration’.
Ebenfalls in verschiedenen Vergrößerungen.
4. Nach dem Verkleinern der Sterne und dem finalen Strecken, samt identischer ‘Entgrünung’ (SCNR mit 0.8).
Nach dem Reduzieren der Sterne folgte nur noch eine Anpassung mit Kurven: Eine sanfte Verstärkung der Kontraste und der Farben.
Dann hatte ich ein Ergebnis in PixInsight.
Die Unterschiede sind schon recht deutlich. Sieh selber:
Wie Du sehen kannst, sind da sehr viele Sterne – klar, ich habe keine Filter genutzt und die Sterne nicht entfernt.
Und recht viel Rauschen – auch das klar. Bei sehr wenig Belichtungszeit und ungekühlten Kameras bei 24° Außentemperatur. Entrauscht oder geschärft habe ich nichts.
Das Bild bzw. die Bilder sind kein Meisterwerk. Sie sind aber ein möglichst ehrlicher und objektiver Vergleich.
Auch hier nochmal der Hinweis: Achte nicht so sehr auf die Farben (die man einstellen kann), sondern vielmehr auf die Details, die Auflösung und die Schärfe.
Zuletzt habe ich die Bilder noch in Photoshop etwas weiter gequält; mehr als ihnen eigentlich gut tat. Denn so richtig vernünftig ist es nicht, kurzbelichtete Datensätze über das hinaus zu entwickeln, was die Daten eigentlich hergeben. Meist holt man sich damit Unzulänglichkeiten der Bilder hervor.
Aber was soll’s. Ich hatte Spaß und habe ein wenig übertrieben.
Sicherlich wird Dir deutlich auffallen, dass das so zu viel des Guten war, aber dem Bildvergleich tut’s keinen Abbruch.
Denn – was natürlich auch hier gilt:
Ich habe nur Entwicklungsschritte vorgenommen, die ich so 1:1 von einem Bild zum anderen weiterreichen konnte. Da beide Bilder deckungsgleich sind, war das recht einfach. Es handelt sich vor allem um Kontrastanpassungen und die Farbsättigung.
Hier nun die farbenfrohen, übertriebenen Ergebnisse aus Photoshop:
Wie Du sehen kannst, haben die Bilder einen grundsätzlich anderen Farbeindruck. Das war von Anfang an so (wenn Du Dir nochmals den Rohstack ganz oben anschaust), aber nach der identischen Entwicklung tritt das nochmals deutlicher hervor.
(Das zeigt sich übrigens auch beim nächsten Beispielbild, ist also kein einmaliger Zufall.)
Wenn Du darauf achtest, so wird Dir (vor allem rechts oben) auffallen, wie unterschiedlich scharf oder klein die Sterne abgebildet werden.
(Auch die unterschiedliche Randabbildung findet sich in anderen Bildern.)
Zuletzt:
Sicherlich wäre mit den Daten noch mehr, also ein schöneres Bild, möglich gewesen. Und zwar, wenn ich ausführlich und individuell entwickelt hätte. Mit angepassten Masken, mit einer sanften Entrauschung zum richtigen Zeitpunkt etc.
Aber das war hier nicht das Ziel und auch nicht möglich. Die identische Basisentwicklung ist genau das richtige für einen fairen Vergleich.
Bildvergleich #2 – Cocoon und M39
Als zweites Vergleichsfeld habe ich nicht ein großes Deep-Sky-Objekt gewählt, sondern ein weites Feld. Das ermöglicht daher einen anderen Vergleich als das dominierende Objekt Sh 131 im ersten Beispiel.
Auch bei diesem Vergleichsbild dasselbe:
Links bzw. zuerst: O61 – Rechts bzw. danach: R61
Gestackt, gestreckt, verkleinerte Sterne, final gestreckt, Kurven.
Die fertigen Bilder aus PI + 5 verschiedene Ausschnitte.
Die Bilder können weiterhin auch über “rechtsklick + in neuem Tab öffnen” noch etwas größer betrachtet werden. Vor allem bei den Crops macht das Sinn, um die Sternabbildung zu vergleichen.
Hier die beiden Ergebnisse:
Und hier nochmals Ausschnitte. Mit den Pfeiltasten kann schnell hin und her geklickt werden.
Wie bereits erwähnt, habe ich die Bilder sehr einfach entwickelt, um eine faire Vergleichbarkeit zu gewährleisten.
Das folgende Bild zeigt, wie dieselben Daten aussehen, wenn ich mir etwas mehr Mühe gebe.
Hier wird vielleicht (vor allem beim Betrachten in voller Auflösung) auch deutlich, warum Widefield-Aufnahmen spannend sein können.
Sicherlich ist der Cocoon-Nebel (Sharpless 125) mit über 1000 mm wunderschön. Ebenso der Sternhaufen M39.
Aber das Zusammenspiel oder Wechselspiel zwischen sternenreichen Feldern, Dunkelnebeln und all die Strukturen und Zusammenhänge offenbaren sich nur im Widefield.
Nach diesen beiden sehr detaillierten Beispielen folgen nun zwei schnellere. Sie zeigen dasselbe, sind genauso entwickelt. Nur gibt es nicht ganz so viele Screenshots.
Bildvergleich #3 – Der Schleier- oder Cirrusnebel
Für mein drittes Beispiel, den Cirrus-Nebel, gilt weiterhin dasselbe wie oben. (Und dann auch für alle weiteren Beispiele.)
Auch hier erfolgte die Bildbearbeitung im Großen und Ganzen simpel:
Stacken, Strecken, Sterne verkleinern, nochmals strecken, Kurven. Fertig.
Hier habe ich allerdings keine photometrische Farbkalibrierung angewandt.
Das zeigt die farblichen Unterschiede deutlicher.
Und auch hier bekommst Du wieder eine vergleichende Bildergalerie zu sehen.
Erneut sage ich fast nichts zu meinen Eindrücken, abgesehen davon, dass man klar Unterschiede sehen kann. Aber was ‘gut’ und was ‘schlecht’ ist oder was einfach nur anders ist – das darfst Du gerne selber entscheiden.
Hier das gestackte Bild und dasselbe nach dem Reduzieren der Sterne:
Hier nun nochmals (grün reduziert, identische Kurven für Kontrast und Sättigung) inkl. den vier Ecken:
Die Ergebnisse aus PI:
Wie gesagt: Nur eine Minimalentwicklung, um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten.
(Wenn ich es richtig erinnere, standen die Kameras während der Aufnahme kopfüber. Daher ist in den jeweiligen Bildern rechts und links sowie oben und unten vertauscht. Also verglichen mit den ersten Bildvergleichen)
Die Daten des O61 habe ich allerdings auch zu einem anderen Zeitpunkt ganz für sich stehend entwickelt. Da werden dann schon ganz sanft Dunkelwolken/interstellare Materie sichtbar (rechts und links unten).
Das schaut dann so aus:
Und hier ein 100% Ausschnitt.
Gar nicht so übel für ein 750.- Euro Teleskop und nur rund 3 Stunden Belichtungszeit.
Ähnlich wäre das vermutlich auch mit dem 1355.- Euro R61 möglich.
Bildvergleich #4 – Der blaue Pferdekopf
Dieser Bildvergleich ist in jedem Fall der schwierigste. Ich war mir während der Aufnahme absolut nicht sicher, ob es überhaupt etwas werden würde.
Und dennoch habe ich an drei Abenden die ersten Stunden der Dunkelheit genutzt (und zum Glück nicht verschwendet), um diesen schwachen Reflexionsnebel zu fotografieren.
An sich ist der blaue Pferdekopf kein kompliziertes Ziel. Er ist groß und auch ohne GoTo einfach zu finden. Weit im Süden, wo er hoch am Himmel steht, ist das (an dunklen Standorten) ein Ziel, das nach einer Nacht, nach wenigen Stunden sehr gut belichtet ist.
Aber: Bei uns kommt er nicht sehr weit über den Horizont. D.h. er steckt immer ein wenig im Dunst fest.
Bei mir war das besonders schlimm, da ich im Juli fotografierte. Der Skorpion ist jedoch in Europa ein Ziel für den Frühling und im Juli ist er nach dem Einbruch der Dunkelheit bereits über den Meridian gewandert.
D.h. ich hatte einen untergehenden Pferdekopf zu fotografieren, der mit jeder Minute tiefer in die Lichtverschmutzung der Hafenstadt und den Dunst über dem Meer sank.
Ideale Bedingungen sind etwas anderes.
Die Aufnahme, die ich vor 3 Jahren in Deutschland am Alpenrand erstellte (weniger Lichtschmutz und im März, bei aufgehendem Skorpion), zeigte nach deutlich weniger Belichtungszeit, nämlich nur gute 2 Stunden, mehr Details und weniger Rauschen. (Wobei allerdings ein lichtstarkes Fotoobjektiv genutzt wurde und kein – aus fotografischer Sicht eher lichtschwaches – f4.5 Teleskop.)
Das Ergebnis des Teleskop-Vergleiches waren nach diesen Juli-Nächten somit auch zwei sehr schwache Datensätze, die schon eine Menge Entwicklungsarbeit erfordern, damit da etwas einigermaßen vernünftiges zum Vorschein kommt.
Das heißt vor allem, dass ich mehrfach strecken musste, um den Nebel überhaupt sichtbar zu machen. Dennoch ist es, abgesehen von der starken Streckung der Daten, weiterhin dieselbe einfache Entwicklung.
Hier die beiden Ergebnisse aus PixInsight:
Und hier nun die beiden finalen Ergebnisse. Gedreht und noch etwas in Kontrast und Farbe verstärkt.
Erneut sind (die gleichen) Unterschiede wie bei den vorigen Bildern zu erkennen.
Gerne würde ich hier schon etwas dazu schreiben, aber wie gesagt: Du darfst Dir selber ein Bild machen und Dir Deine eigene Meinung bilden; mein persönliches Fazit gibt es weiter unten.
Für so wenig Belichtungszeit bei sehr viel Lichtverschmutzung, bei Sensortemperaturen von über 35° und einer simplen rudimentären Entwicklung kann man den blauen Pferdekopf schon recht gut erkennen.
Wie gesagt: Dieser Nebel ist, genau wie die anderen im Skorpion, ein relativ einfaches Ziel, das nicht viel Belichtungszeit benötigt. An dunklen Orten weiter im Süden ist dieser Nebel in einer Nacht durchaus gut durchbelichtet.
Übrigens und nebenbei:
Die Nebel im Skorpion sind sicherlich nicht nur für mich wunderschöne Objekte. Der blaue Pferdekopf ist nur einer dieser Nebel.
Falls Du mehr über den Skorpion erfahren magst, so lade ich Dich gerne ein, meinen ausführlichen Artikel zu diesem Sternbild zu lesen.
Dort gibt es nicht nur viel interessantes zu erfahren, sondern auch Beschreibungen der einzelnen Deep-Sky-Objekte, Tipps, sie zu fotografieren und sehr viele Bilder, die ich über die Jahre gemacht habe: Teils mit sehr einfachem Equipment und vor allem in den Anfangszeiten nicht sonderlich gut. Aber gerade für Einsteiger eine tolle Motivation.
Ein einzelnes Skorpion-Bild habe ich noch mit dem O61 gemacht. Allerdings nicht während dieses Vergleichstests.
Fotografiert wurde es im Zuge des Tests der iOptron Skyguider Reisemontierung. Ich wollte wissen, ob dieser Astrotracker problemlos mit einem 274 mm Teleskop zurechtkommt – natürlich ohne Guiding.
Du findest das Bild zusammen mit weiteren im Artikel zum O61.
Fazit Bildvergleich
Nachdem Du nun eine ganze Reihe Vergleichsbilder gesehen hast, sind Dir bestimmt einige Unterschiede aufgefallen.
Evtl. ist Dir dabei auch bewusst geworden, dass viele dieser Unterschiede nur im direkten Vergleich sichtbar werden.
Die leicht unterschiedliche Farbtönung beispielsweise kann man nur erkennen, wenn man ein Referenzbild hat.
Bevor ich nun meine eigene Meinung äußere, fordere ich Dich auf, Dir nochmal die Bilder anzusehen.
Wie gesagt: Achte dabei nicht nur auf den Farbeindruck, denn das ist das unwichtigste; Farben lassen sich problemlos anpassen.
Achte vielmehr auf Details, auf die Auflösung, auf Schärfe, also auf die Abbildung an sich.
Und überlege Dir, ob Du (ohne die Beschriftung) sagen könntest, welches Teleskop 750.- und welches 1355.- kostet. Kannst Du diesen deutlichen Preisunterschied in den Bildern ebenso deutlich erkennen?
Ich selber hatte natürlich auch Fragen im Kopf, bevor ich diesen Test gemacht habe. Unter anderem diese:
– Lohnt sich der fast doppelt so hohe Preis?
– Ist der Radian Raptor wirklich ein Gerät, das “anders ist als alle anderen” und ist es für mich das angekündigte “Epic Experience”?
– FPL53 Doublet vs. “Premium Glas” Triplet – Abbildungsleistung/Farbsäume? Erkennt man dieses “Premium Glas”? – Bildet ein Triplet deutlich besser ab und zeigt weniger CAs/Farbsäume?
– Kann ein deutlich günstigeres Gerät mithalten?
– Kann man (gerade auch Anfängern) zu dem günstigeren Gerät raten?
Was ich sehe:
– Die Abbildungsqualität ist in der Summe identisch! Der Raptor ist nicht schärfer. Er löst nicht feiner auf und bildet Details nicht besser ab. (Eigentlich auch logisch: Dieselbe Brennweite und Öffnung. Wie sollen da mehr Details aufgelöst werden?)
– Farbsäume um Sterne sind nicht sonderlich ausgeprägt und der Triplet-Raptor hat keinen deutlichen Vorteil. (Tatsächlich ist er eher schlechter.)
– Der Raptor bildet keinesfalls bis in die Ecken hinein scharf ab. Die wörtliche Werbeaussage “stecknadelfeine Sterne bis in die Ecken” stimmt nicht. Genau genommen ist der Omegon sogar geringfügig besser bzw. der Raptor geringfügig schlechter, was ich aber für einen Zufall halte.
Daraus schließe ich:
– Keines der beiden Teleskope ist zu 100% perfekt. 100% Perfektion kann und darf man bei so günstigen Massenteleskopen auch nicht erwarten. Die Perfektion gibt es vielleicht bei einem 8000.- Euro Gerät, aber nicht bei Geräten, die nur 10% davon kosten.
– Die Abbildungsleistung ist also wie zu erwarten: Solide, ordentlich, mit den üblichen zu erwartenden Schwächen, die bei Geräten in dieser Preisklasse dazugehören.
– Der Preis entspricht somit beim Omegon absolut der Leistung, beim Raptor dagegen absolut nicht.
Der Raptor ist also weder anders noch besser. Dass er nicht anders ist, war schon klar, aber auch die Vermutung, dass da identische Bauteile evtl. einer besseren Qualitätskontrolle unterliegen, lässt sich nicht bestätigen. Und das lässt den hohen Preis nochmals bedenklicher erscheinen.
Was mich wirklich fasziniert, ist, wie ähnlich, ja identisch sich die beiden Teleskope vor allem in der Bildmitte doch sind.
Ebenso spannend finde ich, dass der Raptor in allen Vergleichsbildern zum Rand hin so deutlich abfällt.
(Dabei wird in den Werbevideos zum Raptor versprochen, dass es a) “stecknadelfeine Sterne bis in die Ecken” gibt und b) man sich nicht um Abstandsringe kümmern müsse, da der Arbeitsabstand absolut perfekt wäre.)
Ich halte es wirklich für einen Zufall, dass bei meinem Exemplar vor allem eine Ecke oder Seite übermäßig schlecht abbildet. Aber ich halte es genau darum für den Beweis, dass es beim Raptor keine besondere Qualitätskontrolle gibt.
Schau Dir gern nochmal die Bilder an. Meist ist das beim Raptor rechts bzw. oben rechts; bzw. beim Cirrus-Nebel links, da die Kamera während der Fotografie im Rotator ‘kopfüber’ gedreht war.
Das ist (da bin ich mir sicher) ein Zufall und sicher nicht bei allen Exemplaren so. Aber genauso sicher nicht nur bei meinem.
Es kann an einer verspannten Linse liegen oder an einer verkippten. Oder auch an einer mangelhaften/ungleichmäßigen Vergütung, da es ja auch einen Farbverlauf im Bildfeld gibt.
Sowas kommt vor. Auch der O61 ist nicht 100%ig gleichmäßig über das Bildfeld (wenn auch deutlich gleichmäßiger). Sowas kommt auch bei Fotoobjektiven vor. Und sowas kommt sogar bei teuren Markenobjektiven vor. (Beispielsweise der Sigma Art Reihe.)
Zu verhindern wäre es nur mit einer richtig guten Qualitätskontrolle im Werk. Aber die gibt es (da bin ich mir sicher) nicht bei solchen Massenteleskopen, die nur einige Hundert Euro wert sind. (Auch wenn sie, wie der Raptor, deutlich teurer verkauft werden.)
Günstige Massenteleskope sind eben so wie sie sind. Perfekte Ränder gibt es nicht. Manchmal hat man mehr und manchmal weniger Glück.
Hier nochmals zwei Bilder zu den letzten beiden Aussagen:
Die quasi identische Bildmitte und der starke Randabfall beim Raptor rechts.
Glaub mir (oder versuche es selber, wenn Du mir nicht glaubst):
Wenn man die beiden Bilder in Photoshop übereinander legt und sie voneinander abzieht, erkennt man, dass sie nicht 100% identisch sind. Es sind wirklich zwei Aufnahmen: R61 und O61 – oder umgekehrt.
Fazit
Mein wichtigstes Fazit:
Neugierde und Spieltrieb wurden befriedigt. Der Vergleichstest hat mir Freude bereitet, war total interessant und sehr überraschend – hoffentlich auch für Dich.
Als Ergebnis bleibt für mich:
Widefield macht einfach Spaß. Genau darum fotografiere ich schon immer und immer noch mit 135 und 200 mm. So schön Detailaufnahmen von einzelnen Nebeln mit langen Brennweiten auch sind, so beeindruckend sind auch die größeren Zusammenhänge. Die Vielfältigkeit und das Zusammenspiel einzelner Himmelsobjekte werden nur mit Widefield-Aufnahmen sichtbar. Bereits Edward Barnard erkannte vor über 100 Jahren, dass die Astrofotografie Widefield-Aufnahmen benötigt, um Zusammenhänge aufzuzeigen und somit Erkenntnisgewinn zu ermöglichen. Seine Aufnahmen mit kurzen Brennweiten brachten die Forschung einen großen Schritt weiter.
So gesehen lohnt die Anschaffung eines Teleskops im Brennweitenbereich zwischen ungefähr 200 und 350 mm auf jeden Fall.
Abgesehen davon sind kürzere Brennweiten bezahlbarer und für Anfänger deutlich einfacher zu handhaben.
Klar ist für mich allerdings auch: Der Radian Raptor ist in keinerlei Hinsicht besser als vergleichbare Teleskope. Er ist schwarz und deutlich teurer; mehr nicht.
Die Fragen, die ich mir anfangs stellte, kann ich alle verneinen: Der doppelt so hohe Preis lohnt sich nicht, das “Premium-Glas” ist nichts besonderes, die Abbildungsleistung auch nicht und keine der vollmundigen Werbeaussagen trifft zu. Weder in der Einzelbetrachtung des Raptors und noch weniger im direkten Vergleich.
Die Antworten auf andere Fragen erstaunen mich hingegen schon ein wenig: Ich hätte nicht erwartet, dass das Doublet mithalten kann, dass die Abbildungsleistung mehr oder minder identisch ist. Und ich hätte auch nicht erwartet, dass ich das günstige Gerät so klar empfehlen kann; nicht nur in der Einzelbetrachtung, sondern auch und vor allem im direkten Vergleich. Hier stimmen Preis und Leistung, beim Raptor nicht.
Ohne hier nochmal auf all die Webeaussagen von OPT und Trevor/Astrobackyard einzugehen, bleibt somit auch als klares Fazit:
Die Frage von Trevor “What makes the Radian Raptor different than all the other options out there?” kann mit einem klaren “Nichts, abgesehen von der Farbe und dem viel zu hohen Preis” beantwortet werden.
Mein Fazit ist also:
Der Raptor ist kein “episches Erlebnis”, er ist nicht besser und sein Geld nicht wert. Episch solider Durchschnitt erscheint mir treffender. Der Vergleich zeigt das deutlich.
“Episch” ist allenfalls die Werbekampagne und der Preis. Selten habe ich es erlebt, dass Werbung so extrem übertreibt, ja sogar offen lügt.
Wäre der Raptor nicht so vollmundig angekündigt worden, sondern einfach ein weiteres Widefield-Teleskop und wäre der Preis min. 30% niedriger, so würde ich nichts sagen. Dann wäre mein Fazit: Ein solides Teleskop, genau so, wie man es in diesem Preisbereich erwarten kann.
Aber der Raptor wurde eben mit viel Tamtam und, wie sich nun zeigt, mit unhaltbaren Versprechungen angepriesen. Und daran muss er sich messen lassen. Und in der Messung, also meinem Vergleich, schlägt er nicht mal ein halb so teures Doublet Teleskop, sondern zeigt sich in Summe recht gleichwertig. “Gleichwertig” ist ausschlaggebend: Der Raptor ist den hohen Preis also nicht wert.
Freundliches Schlusswort
Wie jeder meiner Artikel endet auch dieser mit einem Schlusswort; wie üblich soll es ein freundliches sein. Auch und gerade weil mein Artikel für Fans des Raptors nicht so freundlich wirkt.
Ich hoffe aber (und bin davon auch überzeugt), dass ich einen fairen Test geliefert habe. So fair wie man das als Amateur in einer realen Praxissituation live am Stern nur sein kann.
Ich bin nicht mit dem Vorurteil an den Test gegangen, dass der Raptor ein schlechtes Teleskop ist (was es, wie der Test zeigt, ja auch nicht ist), sondern hatte vielmehr die Erwartung, dass der teure Triplet-Raptor deutlich sichtbar besser sein muss als ein Doublet.
Ich hatte erwartet, dass man eindeutige Qualitätsunterschiede in den Daten sehen müsse und war während der Entwicklung erstaunt, wie ähnlich sich die Bilder doch sind.
Dabei wollte ich niemals aufzeigen, wie ähnlich die Teleskope doch sind. Im Gegenteil: Mir ging es vielmehr um die Frage, um wieviel besser ein Triplet ist und ob sich der doppelt so hohe Preis des Raptors lohnt. Denn dass er besser sein müsse, erschien mir zwingend.
Umso größer ist meine Überraschung.
(Noch ein Wort zum Preis: Man muss bedenken, dass beim Raptor keine Lösung mitgeliefert wird, ein Guidingscope zu befestigen. Diese muss man separat kaufen. Ebenso fehlt das visuelle Rückteil, das beim O61, wie bei allen Teleskopen, natürlich dabei ist. Beides verteuert den Raptor nochmals.)
Wie gesagt: Ich bin überzeugt, dass ich fair war. Wenn Du allerdings etwas zu bemängeln hast, wenn Dir in meiner Methodik krasse Fehler auffallen, so schreibe mir bitte.
Sicherlich wäre es spannend, diese Tests noch weiterzutreiben:
Beispielsweise könnte ich den R61 oder den O61 (61/274) gegen mein 200 mm Fotoobjektiv (72/200) antreten lassen. Hier wäre zwar die Brennweite nicht ganz identisch, aber der riesige Unterschied hinsichtlich des Öffnungsverhältnisses von f4.5 bei den Teleskopen zu f2.8 beim 200 mm Objektiv wäre schon sehr interessant. (Immerhin weit mehr als die doppelte Lichtstärke.)
Ähnlich würde sich das aktuell recht beliebte Askar Objektiv (50/230) mit 230 mm bei f4.6 anbieten. Oder das Redact Objektiv (51/250) mit 250 mm bei f4.9.
(Das Askar kommt übrigens ebenfalls vom selben OEM-Hersteller wie der Raptor.)
Was ich stattdessen gemacht habe:
Ich habe den “großen Bruder” genutzt. Ein Teleskop aus derselben Baureihe, aber eben eine Nummer größer. Ein Teleskop, das wie das “61er” auch unter verschiedenen Handelsnamen erhältlich ist, aber doch immer aus derselben Fabrik kommt: Ein 76/342 also ebenfalls f4.5 Triplet Apo.
Da an sich alles gleich ist (abgesehen von Größe/Gewicht/Brennweite/Öffnung), ist das wirklich “der große Bruder” des O61 oder auch des R61.
Interessant hierbei: Es kostet 1200.- und der Raptor 1355.-. Man bekommt (zumindest auf dem Papier) für etwas weniger Geld viel mehr Teleskop; mehr Brennweite und mit 76 mm viel mehr Öffnung.
Wie das in der Realität ist, kannst Du in diesem Artikel erfahren. (Noch im Entstehen.)
Übrigens:
Lustigerweise wurde mir für den R61 eine Lieferzeit von mehreren Wochen, für den O61 und auch den großen Bruder eine Lieferzeit von mehreren Monaten angekündigt. Ich hatte mich auf einen Test im Winter eingestellt.
In der Realität waren alle drei Teleskope nach weniger als 4 Wochen bei mir! Und: Ich habe das noch nie anders erlebt. Die angegebenen Lieferzeiten waren in der Realität immer deutlich kürzer als angegeben.
Ansonsten bleibt mir nur, Dich nochmals auf die beiden getrennten Berichte zum R61 und zum O61 hinzuweisen, in denen Du (falls Du sie noch nicht gelesen hast) viel mehr über die beiden Teleskope selber erfährst. Vor allem der zum Raptor ist sehr bissig-ironisch.
Darüber hinaus möchte ich Dich natürlich gerne einladen, noch ein wenig auf meiner Website zu stöbern. Ein guter Startpunkt dafür ist die Sitemap, auf der die meisten Artikel kurz vorgestellt werden.
Wenn Du magst, so findest Du dort eine ganze Reihe Artikel zu Sternbildern, Interviews mit anderen Astrofotografen, weitere Equipmenttests und einige Hintergrundberichte.
Falls Du Dich für mein Equipment interessierst, so gibt es hier eine einfache Auflistung.
Darüber hinaus kannst Du mich natürlich bei Youtube, bei Facebook und bei Instagram besuchen kommen.
Zuletzt (falls Du hier nichts mehr lesen magst) werfe ich Dich ganz freundlich hinaus:
Hinaus in die Nacht.
Hab Freude, fotografiere, staune über die Schönheit eines dunklen Nachthimmels!
Und: Nutze das Equipment, das Du hast. Zerbreche Dir nicht den Kopf, ob es etwas besseres gäbe, erliege nicht dem Glauben, nur das teuerste Equipment würde Deine Fotos besser machen.
Die besten Bilder sind die, die gemacht werden, die schlechtesten die, die man nicht macht, weil man nicht an sich und sein Equipment glaubt.
Astrofotografie ist Genuss, Übung und Geduld. Besseres Equipment kann etwas helfen. Aber die Freude muss aus Dir kommen; Geduld und Belichtungszeit kann man nicht kaufen.
Viel Spaß und viel Erfolg unter dem Nachthimmel!
Hi Adamus,
deine Artikel sind, wie immer eigentlich, sehr Aufschlußreich und vor allem für mich als Anfänger sehr informativ. Ich finde es sehr gut das Du diesen Test gemacht hast und es am Ende dann auch so deutlich zum Ausdruck bringst was hier gespielt wird.
Für mich als Anfänger der eigentlich noch dabei ist herauszufinden in welche Richtung es denn geht was das Equipment angeht werden so schon ein paar Stolpersteine aus dem Weg geräumt. Man will ja nicht jedes mal erst die günstige Variante testen um sich später was gutes zu kaufen, sondern schon mit besserem/guten Equipment das Hobby erlernen. Das spart halt Geld, welches für anderes Equipment scheinbar immer irgendwie benötigt wird.
Ich war nicht in Versuchung den R61 zu kaufen, doch hilft mir dein Test sehr einen Einblick in das Marktgeschehen und seine Vorgänge zu bekommen.
Danke für den Test
LG Henning