Gedanken über die Dunkelheit:
Von der bürgerlichen, nautischen und astonomischen Dämmerung

Am Tag ist es hell, in der Nacht ist es dunkel.
Die dunkle Phase eines 24-Stunden-Tages bezeichnen wir als Nacht, den hellen Abschnitt hingegen als Tag. Die Übergangsphasen dazwischen als Morgen- und Abenddämmerung.
So weit, so trivial. Doch da ist noch mehr…

Nacht muss es sein, damit die Sterne leuchten

Friedrich Schiller

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Für begeisterte Sternengucker und Astrofotografen ist der Begriff der Dunkelheit von besonderer Bedeutung. Können wir doch erst bei absoluter Dunkelheit in der tiefsten Nacht einen richtig schwarzen Himmel erleben.
Noch wichtiger ist absolute Dunkelheit bei der Erstellung von lange belichteten Fotos, da hier die Resthelligkeit besonders sichtbar wird.
Interessant ist also erst der Zeitpunkt, bei dem die Dämmerung vollständig abgeschlossen ist.

Daher lohnt es sich den Begriff der Dämmerung und deren Ablauf genauer anzusehen:

Warum dämmert es überhaupt?

Würden wir auf einem Planeten ohne Atmosphäre leben, ginge die Sonne schlagartig unter. Sie würde langsam in Richtung Horizont wandern und genau in dem Moment, in dem sie hinter ihm verschwindet, wäre es augenblicklich vollkommene Nacht. So ist es zum Beispiel auf dem Mond.
Doch wir leben eben auf der Erde, einem kleinen Steinbrocken im All mit einer relativ dichten Luftschicht. Zum Glück! Denn leuchtende Sonnenauf- und untergänge sind ein wunderschönes Phänomen. Und zwar jedes Mal auf’s Neue.
Das Sonnenlicht wird gebrochen, reflektiert und gestreut und das bereits vor Sonnenuntergang und auch noch lange Zeit danach. Das ist der Grund, warum es nicht von einen auf den anderen Moment, sondern langsam nach und nach dunkel wird.
Aber vor allem ist das die Ursache für leuchtend rote Sonnenuntergänge, glühende Wolken, die blaue Stunde und all die oftmals wundervollen Lichtstimmungen zwischen Tag und Nacht. Das Zwielicht der Dämmerung hat seine ganz eigene Magie.

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Drei Schritte in die Nacht

Man teilt nun die Dämmerung in drei Phasen ein:
Man spricht von der bürgerlichen, der nautischen und der astronomischen Dämmerung.

Und erst nach Ende der astronomischen Dämmerung ist es wirklich absolut dunkel, während man im normalen Sprachgebrauch und Erleben schon lange vorher von Nacht spricht.
Dabei gilt: Alle Dämmerungsphasen dauern im Sommer länger als im Winter.

Nachdem die Sonne untergegangen ist, also hinter dem wahren Horizont verschwunden, sinkt sie weiter hinab.
Also natürlich nicht wirklich; tatsächlich dreht sich einfach nur die Erde weiter.
Aber die Sonne steht Minute für Minute tiefer unter dem Horizont. Wie tief, gibt man in Grad an.

Diese Grafik zeigt das:


Dämmerungsphasen

Die Dämmerungsphasen

Bürgerliche Dämmerung

Die bürgerliche Dämmerung dauert zur Tag- und Nachtgleiche (21. März, bzw. September) in Deutschland (50°) etwa 35 Minuten. Zur Sommersonnenwende (21. Juni) bereits 50 Minuten.
Die Dauer der Dämmerungsphase wird ab dem Zeitpunkt angegeben, zu dem die Sonne vollständig hinter dem Horizont verschwunden ist. Hier ist der wahre Horizont gemeint, nicht der sichtbare, bei dem die Sonne beispielsweise schon lange Zeit zuvor aus dem Blickfeld (z.B. hinter eine Bergkette) wandert.

Während dieser Zeit wird es ganz langsam dunkel und die hellsten Planeten (z.B. der Abendstern Venus) werden sichtbar. Laut Definition endet die bürgerliche Dämmerung, wenn die Sonne 6° unter dem Horizont steht. Zu diesem Zeitpunkt erreichen die Sonnenstrahlen den Zenit noch in etwa 35 km Höhe. Dieses Restlicht genügt, um gerade noch so einen Text zu lesen.

Nautische Dämmerung

Die nautische Dämmerung dauert 70 bzw. 110 Minuten. Gegen Ende dieser Zeit können bereits viele Sterne gesehen werden, ebenso die Umrisse heller Sternbilder.
Die zweite Dämmerungsphase wird als ‘nautisch’ bezeichnet, da in diesem Zeitraum Schiffe schon mit Hilfe der Sterne navigiert werden können, während die Horizontlinie zwischen Himmel und Meer noch sichtbar ist.
Die nautische Dämmerung endet, wenn die Sonne 12° unter dem Horizont steht. Jetzt erreichen die Sonnenstrahlen noch eine Höhe von etwa 140 km. Dort hat die Atmosphäre nun noch 1/600.000.000 der Dichte auf der Erde. Dennoch reicht das, um Licht zu streuen und den Himmel geringfügig aufzuhellen. Auf Fotos kann man das noch sehr gut erkennen.

Astonomische Dämmerung

Die astronomische Dämmerung dauert zur Tag- und Nachtgleiche in der Mitte Deutschlands rund 2 Stunden. Zur Sommersonnenwende endet sie in großen Teilen Deutschlands überhaupt nicht, sondern geht direkt in die Morgendämmerung über.
Erst zum Ende der astronomischen Dämmerung ist es wirklich dunkel. Das ist dann der Fall, wenn die Sonne 18° unter dem Horizont steht. Ihre Strahlen reichen nun nur mehr rund 330 km über den Erdboden. Dort ist die Atmosphäre bereits so dünn, dass es praktisch keine Lichtstreuung mehr gibt.

Für unsere Augen mag das anders erscheinen. Meistens empfinden wir es bereits lange vor Ende der astronomischen Dämmerung als richtig dunkel. Aber auf lange belichteten Fotos erkennt man den Unterschied:


Zwei Bilder mit identischen Kameraeinstellungen. Aufgenommen Anfang Juni in den Alpen. Links um 2:17 Uhr, rechts um 2:44 Uhr. Unbearbeitete RAW-Daten, direkt aus der Kamera.

Wann welche Phase erreicht wird, hängt also von der Jahreszeit und der geografischen Breite ab: Je weiter man sich im Norden befindet und je näher das Datum dem 21. Juni (längster Tag) liegt, desto kürzer ist die (astronomische) Nacht.

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Folgen für die Astrofotografie

Das Phänomen der fehlenden absoluten Dunkelheit betrifft Astofotografen vor allem in den Sommermonaten:
Die Mittsommersonne mit niemals einsetzender Dunkelheit in hohen Breiten, wie z.B. Norwegen ist allgemein bekannt. (Gedenken wir an dieser Stelle für einen kurzen Moment den skandinavischen Sternenguckern, die viele Wochen lang keinen Nachthimmel zu sehen bekommen).

Doch auch in großen Teilen Deutschlands haben die langen Tage und kurzen Nächte die gleichen Auswirkungen. Es wird niemals vollständig dunkel. Die Sonne sinkt über mehrere Wochen nicht unterhalb von 18° hinter den Horizont, sodass auch mitten in der Nacht ein Teil des Lichts in der Erdatmosphäre gestreut wird. Hier geht die astronomische Dämmerung am Abend nicht in die Nacht über, sondern direkt in die astronomische Morgendämmerung. Das ist der Fall für alle Gebiete nördlich einer Linie Straßburg-Passau. (nordlich eines Breitengrades von 48,5°). Die Schweiz ist von diesem Phänomen nicht betroffen; In Österreich nur Gebiete im Nord-Osten in Richtung Tschechien.
Nördlich von 54,5° (betrifft Teile von Schleswig-Holstein) wird nicht einmal mehr die astronomische Dämmerung erreicht. Hier folgt auf die nautische Abenddämmerung direkt die Morgendämmerung.

Für Fotografen in großen Teilen Deutschlands bedeutet das:
Von Ende Mai bis Anfang August herrschen schlechte Bedingungen. Aber auch südlich des 48. Breitengrades ist die wirkliche Dunkelheit recht kurz. Gute Planung ist also notwendig, um den richtigen Zeitpunkt zu erwischen.
Die besten Zeitpunkte (vor allem, um das galaktische Zentrum zu fotografieren), sind daher die Phasen um Neumond Anfang/Mitte Mai und Anfang/Mitte September. In beiden Fällen ist die Milchstraße gut zu sehen, es ist lange genug dunkel und schon bzw. noch relativ warm.

Weiterführende Links

Diese beiden Tools helfen Dir die Dämmerungsphasen und den Zeitraum der absoluten Dunkelheit zu bestimmen:

Die Uni Münster bietet ein tagesaktuelles Diagramm, das alle relevanten Dämmerungsdaten aufführt:
tagesaktuelle Dämmerungsdaten der Uni Münster

Jürgen Galupki bietet auf seiner privaten Homepage einen äusserst praktischen Rechner zur Bestimmung der Dämmerung an einem frei wählbaren Ort zu einem beliebigen Zeitpunkt.
Man bestimmt den Standort auf der Google-Maps-Karte, setzt mit einem Klick der linken Maustaste einen Marker, überträgt die nun angegebenen GPS-Daten in zwei Felder und drückt auf ‘berechnen’. Das Ergebnis sind zwei kleine Tabellen, die den Beginn und das Ende der jeweiligen Dämmerungsphase angeben. Dazu ein dicker schwarzer Balken mit der Bezeichnung ‘Dunkelheit’ und dem dazugehörigen Zeitraum.
Dämmerungsrechner von Jürgen Galupki

Ich habe auch weitere hierzu passenden Artikel geschrieben.
– Im ersten geht es darum, wie man wirklich dunkle Orte findet. Denn was nutzt es Dir, wenn Du auf das Ende der astronomischen Dämmerung wartest, wenn das Licht in Deiner direkten Umgebung den Himmel überstrahlt?
Über das Auffinden wirklich dunkler Orte

– Im zweiten geht es um den richtigen Zeitpunkt für Astrofotos. Denn nicht nur die Dämmerung hat Einfluss auf die Dunkelheit.
Der richtige Zeitpunkt für Astrofotografie

Schlusswort

Lass Dich von allen Gedanken über Dämmerungsphasen und die ‘wahre Dunkelheit’ nicht abhalten, auch in den ‘hellen Nächten’ in den Himmel zu blicken. Die Schönheit eines Sonnenuntergangs und der folgenden milden Sommernacht ist und bleibt ein wunderbares Erlebnis, das man genießen sollte. Viel Freude dabei!

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