Wo und wann finde ich die Milchstraße? – Orientierung am Nachthimmel für Einsteiger #2

“Wo und wann kann ich heute Nacht die Milchstraße finden?”

So oder so ähnlich wird die Frage nach unserer Heimatgalaxie fast täglich gestellt. In Foren, in sozialen Medien und sogar persönlich per email.
Für alle, die sich am Himmel ein wenig auskennen, erscheint diese Frage trivial, unnötig oder vielleicht sogar “dumm”.


Diese Frage kann aber gar nicht und niemals “dumm” sein!

Hinter der Frage: “Wo finde ich die Milchstraße?” steht ein wissbegieriger Mensch, der etwas erfahren will, das er nicht weiß.
Unwissen ist kein Fehler!

“Na, dann schau halt nach oben!”, ist dabei keinesfalls befriedigend und oft nicht sonderlich hilfreich.

Hier gibt es die Antwort!
Verständlich, logisch und für Anfänger geschrieben.

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Teil 2?

Dieser Artikel ist eigentlich ein zweiter Teil. Der zweite Teil der Serie “Orientierung am Nachthimmel für Anfänger”.

“Eigentlich”?
Ja – Denn Du kannst ihn auch lesen, ohne den ersten Teil gelesen zu haben. Dieser “eigentlich zweite Teil” funktioniert auch alleine ohne den ersten.
Empfehlen würde ich ihn dennoch. Als Anfänger wirst Du die Infos brauchen – früher oder später!

Jetzt heißt es hier aber:
“Vorhang auf!” (oder “Wolken beiseite!”)
und
“Manege frei für die Milchstraße!”

Milchstraße zwischen Wolken in den Alpen, Südtirol, Canon + Samyang 20 mm f1.8

Ein kurzes Glück zwischen den Wolken: Das strahlende Band der Milchstraße
Canon 6D – Samyang 20 mm – Einzelbild – 30 Sekunden (mit Astrotracker Minitrack LX3)

Ich möchte in diesem Artikel versuchen, Anfänger ganz am Anfang abzuholen, quasi bei Null.
Ich werde alles in einer einfachen Sprache und mit verständlichen (Sprach-)Bildern erklären und beschreiben.
Ich hoffe, dass Du Dir danach die Frage nach dem “wann und wo” der Milchstraße ganz ohne Hilfsmittel einfach mit Deinen Augen selber beantworten kannst.

Du musst absolut kein Vorwissen mitbringen. Alles, was Du brauchst, ist Interesse.
Wenn Du den ersten Teil gelesen hast, wird es allerdings etwas einfacher oder vielleicht auch logischer für Dich.

Das wird jetzt nicht unbedingt kurz, aber lehrreich und Dich im Idealfall Dein ganzes Leben lang begleiten.
Hast Du Interesse?
Dann auf ins Geschehen.

Wir beginnen mit einer Gliederung, einem Inhaltsverzeichnis, das Dir gleich zeigt, wohin die Reise gehen wird.

Inhalt:

Zum Einstieg

Block #1 – Theorie:
Immer da?!
✷Die Milchstraße als Galaxie im Raum
& Pizza für Astrofotografen

Block #2 – Praxis
Welcher Teil der Milchstraße soll fotografiert werden?
Wo findet man die Milchstraße am Himmel?
Wann kann man die Milchstraße fotografieren?
Wo kann man die Milchstraße fotografieren?
Wie und womit kann man die Milchstraße fotografieren?

Fazit und freundliches Schlusswort

Fragen über Fragen

Es gibt eine ganze Menge Fragen, sie sich Anfänger der nächtlichen Himmels- und Astrofotografie stellen. Groß, unübersichtlich und vor allem neu und unbekannt erscheint der mit Sternen übersäte Nachthimmel.
Viele dieser Fragen beantwortet meine Website – zu vielen Themen gibt es extra Artikel für Anfänger.

Die häufigste Frage am Anfang ist aber ganz klar:
“Wo ist die Milchstraße?” bzw. “Wo finde ich die Milchstraße heute?”

Kurz und knapp:

  • Die Erde ist in der Milchstraße, darum ist sie immer am Himmel!
    Wir wollen aber normalerweise die besonders leuchtkräftigen Bereiche fotografieren
    (Diesen Bereich nennt man allgemein ‘Zentrum der Milchstraße’ oder auch ‘Sommermilchstraße’).
  • Die Milchstraße kann man in jeder Nacht fotografieren!
    Die Sommermilchstraße aber nur von ca. Anfang März bis in den Oktober.
    Die Wintermilchstraße ist aber auch wunderschön! Mindestens!
  • Die (Sommer-)Milchstraße findest Du immer im Süden!
    Im Frühjahr etwas weiter östlich (links). Im Spätsommer und Herbst weiter westlich (rechts).
    Niemals im Norden
  • Die Milchstraße ist nicht zu jeder Uhrzeit gleich gut zu fotografieren!
    Im Frühling spät in der Nacht, vor Sonnenaufgang. Im Hochsommer und Herbst dann direkt nach Sonnenuntergang.
  • Die (Sommer-)Milchstraße ist nicht immer gleich am Himmel!
    Im Frühling ‘liegt’ sie quer am Himmel.
    Im Hochsommer und Herbst ‘steht’ sie steil aufrecht.

Wenn Dir dieses “Kurz und knapp” reicht: Super!
Wenn Du aber mehr wissen willst, dann lies weiter.
Es sind zwei Blöcke: 1. Milchstraßen-Theorie und 2. Milchstraßen-Praxis

Die zweithäufigste Frage ist übrigens:
“Stimmt es wirklich, dass man die Milchstraße nur im Sommer fotografieren kann?”
Die kurze Antwort lautet: “Nein, das stimmt nicht! Die Milchstraße im Winter ist absolut großartig und wunderschön!”
Die lange Antwort gibt es dann weiter unten.

Milchstraße im Winter, Wintermilchstraße in verschneiten Bergen mit Schnee - Samyang 35 mm f1.4

Eindeutig Winter – eindeutig die Milchstraße.
Canon 6D – Samyang 35 mm – Ausschnitt aus einem 360° Panorama – Einzelbilder mit 30 Sek. (Astrotracker Minitrack LX3).
Das interaktive Panorama kannst Du übrigens hier ansehen – da es aber aus sehr vielen Einzelbildern besteht und darum groß ist, dauert es ein wenig bis es vollständig geladen ist.
Und hier öffnet sich ein anderes Bild der Wintermilchstraße – da kannst Du nochmals deutlich sehen, wie schön sie ist..


Zum Einstieg: Orientierung am Nachthimmel

Früher war es noch eine Selbstverständlichkeit, sich am Sternenhimmel zurechtzufinden. Heute ist es den meisten Menschen unbekannt.
Hier helfen im Zweifelsfall Apps/Programme und ein Kompass (auf dem Mobilgerät) weiter. Das ist für’s Erste auch ok.
Aber dauerhaft zufriedenstellend sind Programme nicht wirklich.

Man darf(!) den Himmel wie ein völlig neues Land betrachten, das entdeckt werden will.
Findet man sich anfangs womöglich überhaupt nicht zurecht, so entsteht nach und nach eine Landkarte im Kopf, eine Idee wie „das da oben“ ausschaut und warum.
Nach und nach verbinden sich die einzelnen Punkte, die man schon kennt, zu einem großen Ganzen. Und jede neue Entdeckung, jedes neue Objekt findet seinen Platz in dieser Karte.

Wenn man Spaß daran hat, dann ist es einfach nur Entdeckerfreude, die Lust unbekannte Weiten zu erforschen, zu erfahren und zu erleben. Sehen in eine neue, für viele unbekannte Welt.

Ist Deine Entdeckerfreude geweckt?

Block #1 – Theorie

Die Milchstraße ist immer da!

Mach Dir eins bewusst:
Die Milchstraße ist immer da. Egal wo Du bist und egal wann. Tags und Nachts.
Unsere Sonne, unser Sonnensystem und somit auch unsere Erde, ist Teil der Milchstraße. Die Sonne ist einfach nur ein relativ normaler Stern und zusammen mit Milliarden anderen Sternen befindet sie sich in der Milchstraße.
Jeder Stern, den Du am Himmel sehen kannst, ist Teil der Milchstraße. Jeder!
Sie umgibt uns in jeder Richtung!


Das bringt Dir jetzt aber nicht so viel, richtig?!
Denn das, was Du fotografieren willst, ist das leuchtende Band der Milchstraße, keine Sterne vor einem schwarzen Hintergrund.

Um das alles zu verstehen, hilft (ganz wie im echten Leben) natürlich Pizza!

“Die heilige Scheibe, die alle vereint – Die Weisheit der Menschheit, gebacken in Teig”

Die Milchstraße als Sterneninsel im All
oder: Pizza für Milchstraßenfreunde

Ich hoffe Du magst Pizza, denn wir reden jetzt mal über Pizza. Über die Milchstraßen-Pizza.
Ich möchte hier keine großartige wissenschaftliche Definition und Beschreibung der Milchstraße abliefern. Aber ein kleines Bisschen müssen wir doch über die Milchstraße als Galaxie im Weltraum reden. Oder eben über Pizza.
Und weil wir alle keine Profi-Astronomen sind, vereinfachen wir alles total! Es geht ja nur darum, ein Grundprinzip zu verstehen. Keine Ausnahmen, keine Details, keine Sonderfälle.

Kein Interesse an Theorie?
Das ist total ok! Scroll’ einfach ein Stück runter. 🙂
Bis zu dem Punkt wo ganz dick steht: “Theorie Ende”.
Direkt darunter werden alle Deine Fragen zum Wann und Wo beantwortet!

Zum Start zwei Bilder

Du hast bestimmt schon mal eine Zeichnung der Milchstraße gesehen.
Oder ein Foto von einer anderen Milchstraße (also einer anderen Galaxie.)
Das schaut eigentlich immer wie eine große Scheibe aus.

Hier mal zwei Beispiele:
1. Eine Zeichnung unserer Milchstraße
2. Ein Foto der Andromeda-Galaxie, unserer Nachbarmilchstraße.

Wo ist die Erde in der Milchstraße?

Das ist die Zeichnung. Fotos gibt es nicht.
Es kann keine Fotos geben, weil wir ja in der Milchstraße sind!

Das Problem der Ameise:
Eine Ameise auf dem Waldboden kann Bäume sehen: Vor sich, hinter sich, neben sich.
Schaut die Ameise nach unten, so sieht sie den Boden. Schaut sei nach oben, so sieht sie den Himmel.
Aber sie wird niemals den ganzen Wald von oben bzw. von außerhalb sehen!
Weil die Ameise aber sehr schlau ist, kann sie aus den Bäumen, die sie umgeben, erkennen, wie der Wald aussehen muss. Auch ohne ihn gesehen zu haben.
Sie kann sich ein Bild machen! Unsere schlaue Ameise hat Abstraktionsvermögen und Vorstellungskraft.

Wir sind keine Ameisen. Aber fast genauso schlau.
Wir haben sehr viele (mehrere Millionen) Galaxien am Himmel beobachtet. Und wir haben Raumsonden, z.B. die Raumsonde Gaia.
Aus all diesen Daten können wir uns ein sehr gutes Bild unserer eigenen Milchstraße machen. Ohne sie jemals von außen gesehen zu haben. Die Zeichnung oberhalb ist unser aktuell bestes Bild.
Wir sind sehr sicher, dass es nicht falsch ist! Aber wahrscheinlich auch noch nicht ganz richtig.

Die Andromeda-Galaxie
Canon 6Da – 274 mm – Omegon Minitrack LX4 – ca. 3 Stunden Belichtungszeit


Wir sind uns also einig und es ist klar, dass die Milchstraße eine Art Scheibe ist.
Ungefähr 100.000 Lichtjahre breit und nur ungefähr 5.000 bis 10.000 Lichtjahre ‘dick’.
Also 10 bis 20x so lang wie hoch.

Die Milchstraße hat zwar keinen Käse und keine Tomatensoße, aber eigentlich ist sie genauso eine Scheibe wie eine Pizza!
Nur:
Wenn Du an den Himmel blickst, siehst Du keine Scheibe, sondern ein leuchtendes Band.
Eine Pizza siehst Du am Himmel auch nicht. Falls doch: Ich hätte gerne was von Deiner Phantasie ab! Melde Dich!


Trotzdem backen wir jetzt Milchstraßen-Pizza!
Denn das erklärt alles und zwar super einfach!


Ein Pizzabäcker kann die ganze Pizza sehen. Er schaut von oben auf die Pizza. Er sieht alles, vom Zentrum bis zum Rand.
Unser Pizzabäcker legt auf die Pizza unendlich viele Mini-Oliven. Es sind so viele, dass sie überall sind; nebeneinander und sogar übereinander!
Diese Mini-Oliven sind Sterne.

Unsere Erde ist einfach nur ein Staubkorn, das um eine dieser klitzekleinen Oliven kreist, die auf (eigentlich aber in) der Pizza ist. Halb versunken in Teig und Käse, umgeben von Milliarden anderer winziger Oliven.
Unsere Olive liegt nicht in der Mitte und nicht am Rand, aber irgendwo dazwischen.
Wir sind winzige Menschlein auf dem winzigen Staubkorn in unserer Bahn rund um die Olive.
Darum haben wir keine Chance, die ganze Pizza zu sehen.

Alles, was wir machen können, ist schräg über die Pizza zu blicken: Von unserer Olive zum Rand der Pizza. Oder in Richtung der Pizzamitte.
Überall sehen wir viele weitere Oliven. Unfassbar viele.
Wenn wir in Richtung Mitte schauen sind da besonders viele Oliven, in Richtung des Randes weniger, aber auch noch viele.
Wir können aber auch nach oben blicken. Also nicht entlang der Pizzascheibe, sondern in die andere Richtung. Hoch, nach oben, von der Pizza weg. Also in die Richtung des Pizzabäckers.
Auch da sind ein paar Oliven, aber nicht ganz so viele.

Ungefähr so ist das auch mit der Milchstraße:
Wir können entlang einer Achse blicken, entlang unserer Scheibe: Zum Zentrum der Pizza oder zum Rand der Pizza.
Da sehen wir dann das Milchstraßen-Band: Zum Zentrum als sehr helles Band, zum Rand hin als schwächeres Band.
Oder wir blicken 90° in die andere Richtung. Da sehen wir nur einzelne Sterne und dahinter dann andere Galaxien und die endlose Weite des Universums.

Wir können entlang der “Pizzascheibe” blicken: Richtung Zentrum oder zum Rand.
Oder wir blicken 90° zur Seite, also ‘aus der Pizza raus’

Die Grafik der Milchstraßenpizza ist natürlich extrem vereinfachend.
Es ist etwas schwer zu verstehen, dass alle Sterne, die wir sehen, auch Teil der Milchstraße sind.
Auch wenn wir nicht in die Ebene der Milchstraße (also entlang der Pizza) blicken, sondern 90° in die andere Richtung.
Auf der Grafik schaut es so aus, als würden wir da direkt aus der Milchstraße raus blicken.
Das tun wir auch irgendwie, aber eben gleichzeitig auch nicht.

Denn:
Die Milchstraße ist dick, viel dicker als die dünne Pizza.
Und wir sind mit der Erde nicht auf der Milchstraße, sondern in der Milchstraße.
Darum sind alle Sterne, die wir sehen können, auch in der Milchstraße. Nur sind es in Richtung des der Pizza-Ebene sehr viele und wir sehen ein Milchstraßenband.
In die andere Richtung nur sehr wenige. Darum sehen wir da kein Band.

Auch dieses Bild vereinfacht alles sehr.
Unsere Olive, äh Erde, ist mitten in der Milchstraße. Jeder Stern am Himmel ist auch in der Milchstraße. Aber in einer Ebene sind es so viele Sterne, dass sie ein Band ergeben. In die andere relativ wenige.

Diese Darstellung sollte es endgültig verdeutlichen:
Blicken wir entlang der Pizza-Ebene (entweder in Richtung des Zentrums oder zum Rand), so sehen wir sehr viele Sterne – praktisch hintereinander. So viele, dass sie alle zusammen ein helles Band ergeben. Immerhin hat die Scheibe einen Durchmesser von rund 100.000 Lichtjahren.
Wenn wir in die andere Richtung schauen, blicken wir nur maximal 5.000 Lichtjahre durch das Sternenmeer. Dahinter ist dann Weltall. Wir schauen auch in und durch die Milchstraße. Aber eben an einer Stelle, an der sie weniger dick ist, an der es viel weniger Sterne gibt.

Auch wenn ich hier alles total vereinfacht habe…
Ich hoffe, dass Dir folgendes klar ist:
✷ jeder Stern, den Du sehen kannst, ist Teil der Milchstraße!
✷ Aber nur, wenn man direkt in oder entlang der Milchstraße blickt sind da unendlich viele Sterne. Sozusagen hintereinander. Es sind so viele, dass es wie ein Band ausschaut!
✷ Blickt man sozusagen aus der Milchstraße raus, dann sieht man nur die wenigen an der ‘dünnen Stelle’.

Und noch was:
Die Milchstraße besteht nicht nur aus Sternen. Es gibt es viele Ansammlungen von Gas und Staub.
Wir sehen sie als ‘bunte’ Nebel oder als den Wechsel von hellen und dunklen Bereichen in der Milchstraße. Staubwolken sind das, was der Milchstraße Struktur gibt.

Hier nochmal das Bild von oben. Wenn Du genau hinschaust (das Bild also vergrößerst), siehst Du einen blauen Punkt.
An dieser Stelle in der Milchstraße ist die Erde!
Ja – wir können recht genau sagen, wie die Milchstraße ausschaut und sogar wo in der Milchstraße wir uns befinden.

Wo ist die Erde in der Milchstraße?

Hast Du die Erde gefunden?

✷ Wenn wir von der Erde ins Zentrum blicken, so ist da das leuchtende Band.
✷ Aber auch in alle anderen Richtungen (rechts, links) ist das Milchstraßenband, nur nicht ganz so hell, wie im Zentrum.
✷ Nur, wenn wir aus der Milchstraße heraus blicken, sehen wir kein Band. Denn da ist die Milchstraße viel dünner.
(Heraus bedeutet: Von dem blauen Erde-Punkt schaust Du aus dem Computer-Monitor raus)
–> Wir blicken also von unserer Olive in die Augen des Pizzabäckers. Da gibt es kein Milchstraßenband. 😉

Diese “Little-Planet”-Aufnahme ist sicherlich speziell.
Aber irgendwie zeigt sie das Gesagte nochmals:
Jeder der Sterne ist Teil der Milchstraße. Aber nur in Blickrichtung der Milchstraßenebene ist das Band zu sehen.
Das einzige Objekt auf dem Foto, dass nicht Teil der Milchstraße ist, ist die Andromeda-Galaxie ganz rechts.

THEORIE ENDE


Was genau soll fotografiert werden?

Du bist hier, weil Du “die Milchstraße” fotografieren willst, richtig?
Aber nicht einfach irgendeinen Teil der Milchstraße.
Doch welchen Teil der Milchstraße?

Wahrscheinlich diesen?

Oder so diesen?

Wahrscheinlich nicht diesen. Obwohl das auch die Milchstraße ist:

Die Wintermilchstraße.
In unserem Pizzabeispiel ist das der Blick zum Rand der Pizza. 😉



Die Milchstraße ist immer am Himmel. Klar: Wir (die Erde) sind ja mitten in der Milchstraße. Jeder Stern am Himmel ist Teil der Milchstraße.
Das haben wir so gerade eben besprochen.

Die meisten Menschen denken aber einen ganz speziellen Bereich, wenn sie von der Fotografie “der Milschstraße” reden:
Sie meinen das leuchtende Band der sogenannten Sommermilchstraße. Oder auch das “Milchstraßenzentrum“.

Also den Teil, der besonders hell und bunt leuchtet; den Teil, der am beeindruckendsten ist.
“Die” Milchstraße kann man immer fotografieren. Den Bereich um das Zentrum nicht.
Man kann sich also ganz leicht missverstehen! Milchstraße ist nicht gleich Milchstraße!

(Aber glaube mir: Auch die Wintermilchstraße ist super!)

Achte mal auf die Bäume. Das ist genau am selben Ort fotografiert. Und auf beiden Bildern ist “Die Milchstraße” zu sehen.
Aber meistens wird damit der Bereich im rechten Bild gemeint. Die Sommermilchstraße und der Bereich um das Milchstraßenzentrum.

Denk also daran!
Wenn Du irgendwo liest “Die Milchstraße kann man nur im Sommer fotografieren” stimmt das eigentlich nicht.
Und wenn Du irgendwo “Milkyway-Season” liest, dann ist damit einfach nur die beste Zeit für das Milchstraßenzentrum gemeint.
Eigentlich ist immer irgendwie Milkyway-Season!

Willst Du wissen, warum das so ist?
Es gibt dazu einen eigenen Artikel über die Jahreszeiten am Nachthimmel.
Hauptgrund ist: Die Erde dreht sich um die Sonne! Genau darum gibt es Jahreszeiten am Himmel!
Es gibt immer (!) jeden Tag (!) das Milchstraßenzentrum am Himmel. Aber nur im Sommer ist dann Nacht!

Jetzt kommen wir aber zu den wichtigsten beiden Fragen:
Wo? und Wann?

Wo findet man die Milchstraße?

Das ist einfach:
Immer im Süden – niemals im Norden!

Im Frühling leicht östlich (also ‘links vom Süden) – Im Hochsommer und Herbst leicht westlich (also rechts vom Süden).

Wenn Du die Milchstraße fotografieren willst, so muss Deine Kamera mehr oder weniger nach Süden blicken! (Auch im Winter!)
Der Himmel rund um den Norden ist auch toll. Dort warten fantastische Sternbilder mit wunderschönen Nebelgebieten. Aber eben kein leuchtendes Milchstraßenband und erst recht nicht das besonders spannende Milchstraßenzentrum aka die Sommermilchstraße.

Das bedeutet auch:
Achte darauf, dass gerade im Süden keine hell leuchtende Ortschaft ist. Auch kein Gebäude oder Baum nahe vor der Kamera.

Wann kann man die Milchstraße fotografieren?

Das leuchtkräftige Zentrum der Milchstraße, die “Sommermilchstraße”, kann man von Anfang März bis in den Oktober fotografieren.

Aber das ist nur die halbe Wahrheit.
Es kommt auf die Jahreszeit und die Uhrzeit an!


Die Sommermilchstraße ist ja nicht plötzlich am Himmel und dann plötzlich wieder weg.
Die Jahreszeiten am Himmel kommen und gehen langsam.


Man kann es aber in ganz wenigen Sätzen sagen:
➔ Früh im Jahr, (also im März, April und Mai) kann man die Sommermilchstraße erst sehr spät fotografieren: Lange nach Mitternacht, immer in den Stunden vor Sonnenaufgang.
Später im Jahr kann man die Milchstraße immer früher fotografieren, also direkt nach dem Beginn der Dunkelheit.

Im März ist das erst so um 4 Uhr in der Früh der Fall.
Im Hochsommer ist das dann ungefähr um Mitternacht, denn zuvor ist es einfach nicht wirklich dunkel.
Und im Norden (Nord- & Ostsee, Skandinavien… wird es sogar gar nicht richtig dunkel!
Im Herbst ist das dann schon fast am Abend. Im September so ab 22 Uhr, im Oktober noch früher.

Aber nicht nur die Uhrzeit ändert sich. Auch das Aussehen der Milchstraße. Genauer ihre Position oder Ausrichtung:

Der Stand der Milchstraße am Himmel

Vielleicht denkst Du Dir nun: “Hmm… September um 22 Uhr ist viel angenehmer als April um 3 Uhr in der Nacht.”.
Da muss ich Dir sagen: Du hast recht. Im September ist es meistens viel wärmer und um 22 Uhr sind die meisten Leute fitter.
Aber:
Die Milchstraße steht im Sommer und Herbst anders am Himmel als im Frühjahr!

➔ Im Frühjahr ‘liegt’ die Milchstraße quer am Himmel. Sie erstreckt sich von Horizont zu Horizont, steigt aber nicht hoch in den Zenit.
Ideale Voraussetzungen für ein Panorama des gesamten Milchstraßenbogens.

➔ Im Sommer und Herbst ‘steht’ die Milchstraße steil am Himmel. Sie erstreckt sich ebenfalls von Horizont zu Horizont, allerdings direkt über Deinem Kopf, ganz genau im Zenit. Jetzt ein Panorama zu erstellen, das die gesamte Milchstraße zeigt, ist schon wesentlich schwieriger. Und die Bildverarbeitung am PC kann zur Qual werden, da extreme Bildverzerrungen entstehen, wenn man die steile Milchstraße in ein flaches 2D-Foto zwingen will.

März: Die Milchstraße liegt quer am Horizont.
Und zwar kurz vor Sonnenaufgang, früh am Morgen
Juli: Die Milchstraße steht steil am Himmel und erstreckt sich bis hoch in den Zenit.
Und das direkt nachdem die Sonne untergegangen ist.

Natürlich “liegt” die Milchstraße auch im Juli quer am Himmel. Aber dann ist eben (noch) Tag, bevor die Sonne untergeht.
Und natürlich “steht” sie auch im Frühling steil am Himmel. Aber dann ist eben (schon) Tag, nachdem die Sonne aufgegangen ist.
Mach Dir klar:
In jeder 24-Stunden Phase, an jedem Tag im Jahr steht die Milchstraße gleich am Himmel. Aber der Zeitpunkt der Dunkelheit ändert sich.

Wie und womit kann man die Milchstraße fotografieren?

Diese Frage kann ich hier nicht beantworten. Zumindest nicht richtig und ehrlich.
Muss ich auch nicht.
Denn dieser Artikel handelt vom Finden der Milchstraße, von der Orientierung am Himmel.

Wie man die Milchstraße oder den Sternenhimmel überhaupt fotografieren kann, habe ich aber in einem anderen Artikel beschrieben.
Und auch was man dafür braucht. (Nicht sehr viel!)

Willst Du aber genau hier und genau jetzt doch eine Antwort haben, dann gibt es einen Satz:
“Du brauchst eine Kamera, bei der Du alles selber einstellen kannst. Dazu ein Stativ und ein Weitwinkel-Objektiv.
Und Du brauchst einen Computer/Laptop, um die Bilder zu entwickeln.”

(Wahrscheinlich hast Du also schon alles, was man braucht.)

Kurz und knapp:

  • Die Erde ist in der Milchstraße, darum ist sie immer am Himmel!
    Wir wollen aber normalerweise die besonders leuchtkräftigen Bereiche fotografieren
    (Diesen Bereich nennt man allgemein ‘Zentrum der Milchstraße’ oder auch ‘Sommermilchstraße’).
  • Die Milchstraße kann man in jeder Nacht fotografieren!
    Die Sommermilchstraße aber nur von ca. Anfang März bis in den Oktober.
    Die Wintermilchstraße ist aber auch wunderschön! Mindestens!
  • Die (Sommer-)Milchstraße findest Du immer im Süden!
    Im Frühjahr etwas weiter östlich (links). Im Spätsommer und Herbst weiter westlich (rechts).
    Niemals im Norden
  • Die Milchstraße ist nicht zu jeder Uhrzeit gleich gut zu fotografieren!
    Im Frühling spät in der Nacht, vor Sonnenaufgang. Im Hochsommer und Herbst dann direkt nach Sonnenuntergang.
  • Die (Sommer-)Milchstraße ist nicht immer gleich am Himmel!
    Im Frühling ‘liegt’ sie quer am Himmel.
    Im Hochsommer und Herbst ‘steht’ sie steil aufrecht.

Fazit

Was bleibt nun als Fazit?
Tja… Ich hoffe, dass etwas ganz Wichtiges hängen bleibt:
Auch wenn die Milchstraße in jeder Jahreszeit anders am Himmel steht, anders ausschaut und zu einer anderen Uhrzeit zu finden ist ➔ Der Nachthimmel ist immer faszinierend und kann immer fotografiert werden!

✷ Davon aber mal abgesehen hoffe ich, dass Dir klar geworden ist, dass wir uns in der Milchstraße befinden und wirklich jeder Stern, den wir sehen können, ein Teil der Milchstraße ist.
Darum müsste es eigentlich heißen “Ich will das leuchtende Zentrum der Milchstraße fotografieren”; nicht einfach nur “die Milchstraße fotografieren”.

✷ Ich hoffe auch, dass Du verstanden hast, warum es überhaupt ein Milchstraßenband gibt; und das, obwohl doch eigentlich in jeder Richtung Milchstraße ist.
Denk an die Pizza! Blickst Du entlang der Scheibe in Richtung Zentrum, so stehen da so viele Sterne hintereinander, sodass es wie ein Band ausschaut.
Blickst Du von der Pizza in Richtung Pizzabäcker, ist da kein Band; Du blickst ja aus der ‘Scheibe’ hinaus.

✷ Zuletzt sollte noch klar sein, dass sich die Erde selber dreht und auch, dass sie sich um die Sonne dreht.
Darum schaut der Himmel zwar in jeden 24 Stunden immer gleich aus, aber es ist zu unterschiedlichen Zeiten dunkel; Darum gibt es verschiedene ‘beste Zeitpunkte’ im Jahr, um die Milchstraße zu fotografieren.

Vielleicht möchtest Du nun noch mehr erfahren?
Dann empfehle ich einfach mal ein paar Artikel:

Warum gibt es Jahreszeiten am Himmel und wann ist die beste Zeit für jedes Sternbild?
Orientierung am Nachthimmel – Teil 1
Die Milchstraße fotografieren lernen

Freundliches Schlusswort

Wie bei jedem Artikel möchte ich Dich mit ein paar freundlichen Sätzen verabschieden. 🙂
Ich hoffe sehr, dass Dir irgendwie besser klar geworden ist, wie sich “das da oben” mit der Milchstraße verhält.
Ich weiß: Man muss sich da ein bisschen reindenken und ein Bild oder auch Gefühl entwickeln.
Vielleicht hat mein Artikel Dir ein paar Anregungen gegeben.
Persönlich glaube ich, dass man das nicht alles sofort so richtig vollständig verstehen kann. Muss man aber auch gar nicht!
Denn der Nachthimmel und die Milchstraße sind auch “einfach so” wunderschön. Ohne, dass man sie mit dem Kopf verstehen muss.
Wenn Du für Dich beschlossen hast, dass Du diese Wunder der Nacht fotografieren willst und jetzt ungefähr weißt, wann und wo Du die Milchstraße findest, ist das super. Dann hat der Artikel schon seinen Zweck erfüllt.

Vielleicht magst Du – vor allem, wenn Du noch ganz am Anfang stehst – einen Blick auf meine allerersten Versuche werfen? Dieser Bericht über meinen Weg zur Astrofotografie ist vielleicht motivierend; Motivierender als die tollen Hochglanzbilder. Denn jeder hat mal klein angefangen. Damals musste ich es noch ohne Tutorials machen; auf Deutsch gab sowieso kaum Informationen.
Meine ersten Schritte, meine ersten (stümperhaften) Bilder zeigen Dir, wie man (ich) starten kann. Und sie sind (zusammen mit den neueren Bildern) der Beweis, dass Du es schaffen kannst. Schließlich habe auch ich es geschafft – also kann es jeder!

In jedem Fall möchte ich Dir viel Erfolg wünschen. Aber noch viel mehr Freude.
Denn nicht aus jeder Nacht bringt man erfolgreiche Bilder mit. Aber jede Nacht kann etwas ganz Besonderes sein, wenn man mit Freude in sie eintaucht.
Gutes Gelingen und stets einen klaren Himmel!

1 Gedanke zu „Wo und wann finde ich die Milchstraße? – Orientierung am Nachthimmel für Einsteiger #2“

  1. Bravo, du machst einfach eine ganz tolle Website. Unglaublich mit wie viel Mühe und Spaß du das Thema an die Interessierten bringst. Ganz herzlichen Dank dafür

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