Bildbesprechung: Sharpless 126 – Astrofotografie zwischen Frust und Erfolg

Heute gibt es etwas seltenes zu sehen.
Und zu dem Bild auch noch eine Beschreibung, wie sich Astrofotografie in einem Spannungsfeld zwischen Vorfreude, der Erwartungshaltung, den Mühen der Bildbearbeitung und einem Ergebnis bewegt, das gleichermaßen frustrierend wie erfreuend ist.

Zunächst einmal zum Objekt:
Es handelt sich als Hauptobjekt (das rote) um Sharpless 126. Es gibt keinen Trivialnamen, darum verpasse ich ihm einen.
Bitteschön, ich stelle vor: Der Wassermolch-Nebel. Oder, wem es besser gefällt: Der Echsen-Nebel. (Sternbild Eidechse. Hier meine genauere Beschreibung.)
Neben dem Hauptobjekt ist da unübersehbar ‘ne Menge „Dreck“. Also Wolken oder Strukturen interstellarer Materie, die mal dichter, mal nur ganz sanft erscheinen.
Gelistet ist dieses „Staub-Zeug“ (wenn überhaupt) im LBN-Katalog.

Hier klicken für eine größere Darstellung in einem neuen Tab.

Ist das ein gelungenes Bild oder ein schönes?
Nun hängt es zunächst am Betrachter, was er von dem Bild hält, ob es gefällt, ob es „völlig überbearbeitet“ ist oder „gerade recht“.
Der erste Betrachter bin dabei nun mal ich. Und ich selber kann die Frage hier nicht eindeutig beantworten.
Denn einerseits finde ich es toll, was ich da rausholen kann. Andererseits frustriert es mich, dass ich es nicht besser kann – noch nicht besser kann.

Die folgenden Angaben und die beigefügten beiden Bilder verdeutlichen das evtl. ein wenig.


Also:
Ich bin seit Jahren von diesem Objekt fasziniert und habe es immer mal wieder angetestet, seitdem ich es auf einer kurz belichteten 50 mm Aufnahme von mir zufälligerweise entdeckt hatte.
Ja – 50 mm = wenig Belichtungszeit für viel Nebel. Mit 135 mm schaut das dann (trotz gleicher Lichtstärke der Optik) gleich ganz anders aus: Viel mehr Belichtungszeit = viel weniger Nebel.
(Warum? Ich habe dafür keine greifbare Erklärung, aber eben den wiederholten Eindruck.)

Hier ein Beispiel mit nur rund einer Stunde Belichtungszeit:

In diesem Sommer habe ich also etwas länger belichtet:
353 x 180 Sekunden.
Über 1000 Minuten oder satte 17 Stunden.
Da sollte doch was gehen (Erwartungshaltung).
Ganz so viel ging da allerdings nicht (Frust).

Schaust Du Dir das erste angehängte Bild an, so erkennst Du:
„Hey genial. Da sind ja Sterne, ‘ne ganze Menge Sterne. Ich liebe Sterne! Und ja, doch, mit Fantasie… so gaaanz sanft lässt sich da ein Nebelchen erkennen.“
Dieses erste Bild ist die gestackte Aufnahmeerstmalig gestreckt. 17 Stunden!
Da rutscht die Erwartungshaltung und die Vorfreude erstmal in den Keller.

353 x 180 Sek. – erstmalig sanft gestreckt

Bild 2 zeigt nun dieselbe Aufnahme: Besser gestreckt (klassisch gestreckt) und mit etwas verkleinerten Sternen. Jetzt ist der Nebel und der Dreck schon gut zu erahnen. So würde man normalerweise ein Astrofoto entwickeln (+ natürlich etwas Kontraste + Sättigung).
Aber hey! FTF! Das sind 17 Stunden! Wollt ihr mich verarsxxen sommerliche Himmelsgötter?!

353 x 180 Sek. – klassisch gestreckt und ‘normal’ bearbeitet.

Gut. Also habe ich halt das gemacht, was ich mir so über die Jahre beigebracht habe: Den Dreck zwischen den Sternen hervorgekitzelt. Eigentlich schon eine gezielte und bewusste Vorgehensweise, aber doch jedes Mal mit einer Prise Try’n’Error.
Und wie immer mit demselben Nachteil: Ich zerstöre dabei Strukturen und Details.

Und da sind wir dann bei „Freude und Frust“.
Freude?
Klar. Immerhin ist es mir gelungen, diesen scheixx-schwachen Nebel und die ebenso schwachen Staubstrukturen sichtbar zu machen.
Ist schon irgendwie befriedigend, wenn man nach all den Jahren weiß, welche Drehschrauben man wie einstellen muss.
Frust?
Genauso klar. Denn nach all den Jahren gelingt es mir immer noch nicht, das erwünschte Ergebnis aus den Daten zu ziehen. Und noch immer hänge ich an denselben Problemen (wenngleich sie etwas kleiner geworden sind).

Soweit dazu und soweit zu einem kleinen Einblick in einen Teil meiner Astrorealität.

So schaut das aus, wenn so ein Bild entstehen soll:
Es geht los mit bestimmt 20 Stunden lang die Kamera knipsen lassen (im Sommer schon eine Herausfoderung, rein zeitlich, aber auch bezügl. der Temperaturen und dem Bildrauschen).
Gefolgt von: Alle Einzelbilder begutachten, sortieren, ausrichten, kombinieren und ausführlich quälen.
Am Ende steht dann ein Ergebnis, von dem ich zu Beginn niemals sagen kann, ob es überhaupt gut wird.

Hier liegen dutzende angefangener Bilder rum, die meinen Ansprüchen nicht genügen und/oder die einfach noch zu wenig Belichtungszeit haben.
17 Stunden Irisnebel? Nicht vorzeigbar. 20 Stunden dasselbe hier gezeigte Objekt (Sharpless 126) mit 200 mm? Nicht fertig. Da fehlen noch dutzende Stunden.
Und so weiter.
Genau genommen sollte ich hier zu den 17 Stunden nochmals 45 weitere ranhängen. Aber… naja. Das muss ich nicht erklären.

Ich denke, da kann man folgendes gut verstehen:
Genau darum bin ich auch so froh, dass ich mein altes Anfänger-Equipment nie verkauft habe.
Da stell ich mir dann den Star Adventurer auf und knipse mit kleiner Brennweite einfach mal in die Nacht. Oder den analogen Minitrack mit einem mittleren Weitwinkelobjektiv.
Die so entstehenden Aufnahmen sind easy, dankbar und bieten mir fast grundsätzlich die Gewissheit, einfach nette Bilder zu erhalten.
Ganz ohne das zu Beginn angesprochene „Spannungsfeld zwischen Freude und Frust“.

Zuletzt vielleicht noch:
Ich liebe es draußen zu sein, einfach dazuliegen und in den Himmel zu schauen.
Denn es ist ein großes Glück, dass ich die Freiheit habe, „nutzlos“ in den Himmel zu blicken.
Meine gelegentliche Unzufriedenheit mit einem Bild ist dagegen ein Witz und vollkommen bedeutungslos.

Hinweis:
Dieser Bericht erschien so inkl. aller Bilder zunächst auf Facebook.
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