Die Bortle-Skala – Was ist das?

Du willst wissen, wie dunkel es bei Dir im Garten ist? Oder an einem Ort, zu dem Du gerne fahren möchtest?

Du weißt auch, dass es da die die Bortle-Skala gibt.
Und auch, dass die irgendwas mit der Himmelsdunkelheit zu tun hat; oder mit der Lichtverschmutzung.

Vielleicht hast Du sogar schon mal in einer Karte oder einer App nachgeschaut, welche Bortle-Klasse Du hast?

Egal, warum Du hier bist:

Ich gebe Dir hier einen kurzen, aber doch recht umfassenden Überblick und eine Erklärung. Einen Einblick in die Bortle-Skala und auch einen kleinen Blick auf ihre Grenzen.

(Das ist ‘kurz zusammengefasst’. Aber nicht extrem kurz! Ein bisschen lesen musst Du schon. Willst Du nicht? Kein Problem. Du kannst auch einfach weiterhin die falschen Bortle-Werte in einer App nutzen.)

Bereit?
Dann auf ins Geschehen!

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Du magst es lieber ausführlich und detailliert?

Wie gesagt: Das hier ist eine Übersicht, die alles wichtige vermittelt!

Aber:
Es gibt noch einen anderen Artikel. Einen sehr umfangreichen und langen. In dem gehe ich ganz genau auf die Bortle-Skala ein.
Ich betrachte ihre Entstehungsgeschichte und das, was es vor der Bortle-Skala gab. Ich beleuchte die Vor- aber auch die Nachteile und zeige die Grenzen auf.
Das ganze mit einer Menge Bildern und Beispielen.
Ich äußere aber auch deutliche Kritik an Bortle-Werten in Lichtverschmutzungskarten, beschreibe die Alternativen und zeige – natürlich – alle 9 Bortle-Klassen im Detail.
Außerdem habe ich auch mit dem Programmierer der bekanntesten Lichtverschmutzungskarte gesprochen und einiges von ihm erfahren.

Dieser andere Artikel bringt wirklich Licht in die Dunkelheit. Bis in die letzte Ecke.

Willst Du gleich richtig tief einsteigen, weil Du schon viel Vorwissen hast? Dann lese besser den anderen Artikel: Der ist wirklich sehr informativ!
Das alles ist aber wirklich viel, es geht tief in Details und mag für Anfänger einfach zu lang sein.

Also:
Willst Du erst mal eine Übersicht? Dann bist Du hier genau richtig!

Visualisierte Strahlungskarte – besser bekannt als Lichtverschmutzungskarte

Wie dunkel ist es bei mir?

“Ja, wie dunkel ist eigentlich mein eigener Standort?” oder anders gefragt: “Wie schlimm ist bei mir die Lichtverschmutzung?”

Diese Frage stellen sich Astronomen und Astrofotografen schon (fast) immer.
Eigentlich auch klar: Denn jedes bisschen Lichtverschmutzung sorgt dafür, dass man ferne Deep-Sky-Objekte weniger gut sehen kann. Aber auch dafür, dass die Milchstraße langsam ‘verschwindet’ und das Fotografieren schwieriger wird.

Die Fragen gehen aber noch weiter. Vor allem, wenn es zuhause total lichtverschmutzt ist:

Woher weiß ich, dass ein Ort wirklich dunkel ist? Und: Was genau ist eigentlich wirklich dunkel’?

Ist man also auf der Suche nach einem ‘wirklich dunklen’ Ort, so muss man irgendwie festlegen, was genau dieses ‘wirklich dunkel’ ist! Nennen wir es klassisch: Stockdunkel.

Vereinfachen wir das mal
Auf der einen Seite gibt es: Total hell, völlig lichtverschmutzt.
Auf der anderen Seite: Total-absolut super-mega-über-extrem-stockdunkelfinster.
Oder, wenn Dir das lieber ist: Schwarz wie die Nacht.

Und dazwischen? Da gibt es sehr viele Abstufungen:
–> Ein bisschen dunkler als total lichtverschmutzt ist natürlich immer noch zu hell.
–> Ein bisschen heller als stockdunkel ist allerdings immer noch ein total dunkler Standort.

Um nicht “bisschen dunkler als total lichtverschmutzt” sagen zu müssen oder “Naja, so mittel halt”, wurde die Bortle-Skala erschaffen.
(Also nicht nur dafür, aber eben auch.)

Die Bortle-Skala

“Hier ist es schon ganz ok dunkel, also nicht ganz, aber es ist ungefähr so.. naja.. also ok. Oder ein bisschen besser als ok.”
Du merkst schon: Diese Beschreibung hilft Dir nicht weiter. Was ist “Ganz ok”? Ist mein “Ganz ok” dasselbe wie Dein “Ganz ok”?

Was man braucht ist eine gemeinsame Sprache. Oder eben gemeinsame Klassen. Eine Art Norm.
Und diese Norm bietet die Bortle-Skala!

Im Jahr 2001 stellte John E. Bortle seine ‘neue Himmelsklassifikation’ vor.
In 9 Stufen wurde der Himmel nach klaren Kriterien bewertet.
John Bortles Ziel dabei:
– Einheitlichkeit
– Vergleichbarkeit.

Genial, oder?
Endlich gab es 9 klare Klassen, die die Himmelsqualität bzw. den Grad der Lichtverschmutzung erfassten.
Endlich musste man nicht mehr sagen: “Ja, äh… mein Himmel ist ok oder ein bisschen besser als ok.”
Jetzt konnte man sagen: “Ich habe unter einem Bortle-4 Himmel beobachtet”. Und jeder wusste, was das bedeutet.

Man hatte – das ist wichtig! – eine gute Vergleichbarkeit!
Denn jede Klasse war definiert und festgelegt. Wenn jemand unter einem Bortle 4 Himmel beobachtete, dann bedeutete das z.B.: Es gibt so wenig Lichtverschmutzung, dass Wolken oben im Zenit nicht sichtbar sind. Oder auch: Die Galaxie M33 ist gerade noch so sichtbar.
Denn diese beiden Feststellungen sind Teil der Definition von “Bortle-Klasse 4”.

Für jede der 9 Klassen gibt es solche Aussagen.

Willst Du Beispiele? Bitteschön, ein paar (total unvollständige) Ausschnitte:

Klasse 5: Nur schwache Reste des Zodiakal-Lichts sind in den besten Nächten im Herbst und Frühling sichtbar. Die Milchstraße ist direkt am Horizont nur schwach oder schon nicht mehr richtig zu sehen.
Oder:
Klasse 3: Wolken werden an den hellsten Stellen des Horizonts sanft erleuchtet, sind ansonsten aber weiterhin ‘Schwarze Löcher’. Die Milchstraße ist auch am Horizont vielfältig strukturiert. Sternhaufen wie M4, M5, M15 und M22 sind weiterhin sichtbar.

Wie funktioniert die Bortle-Skala?

Die Klassen der Bortle-Skala müssen visuell bestimmt werden! Man kann sie nicht messen!

Will man es einfach beschreiben, dann geht das so:
Ein Beobachter beantwortet sich selber eine ganze Reihe an Fragen. Fragen rund um den Himmel, den Horizont, um Sichtbarkeiten und Lichtverschmutzung…
Sind alle Fragen beantwortet, so kennt man die Bortle-Klasse.

Praktisch dabei: Man braucht nichts dafür!
Kein Gerät, kein Fernglas, kein Teleskop. Absolut kein Hilfsmittel!
Nur Augen, die sich 15 Minuten (oder besser noch länger) an die Dunkelheit gewöhnt haben.

(Dieses Anpassen an die Dunkelheit, der langsame Übergang vom “Tag-Sehen” zum “Nacht-Sehen” nennt sich Dunkeladaption. Ich habe dazu vor langer Zeit mal etwas geschrieben.)

Wichtig:
Die Bestimmung der Bortle-Klasse ist immer nur eine Momentaufnahme. Eine Klasse für das Hier und Jetzt.
Man kann sie nicht messen und damit auch nicht dauerhaft als festen Wert in Karten eintragen!

Wie ging es weiter?

Die Bortle-Skala war ein großer Fortschritt und entwickelte sich schnell zu einer Art Standard.
Überall beobachteten die Leute den Himmel und bestimmten ihre eigene Bortle-Klasse.
Endlich konnten sie sich nun in einer gemeinsamen Sprache unterhalten. Endlich gab es einen neuen, guten und relativ einfach zu bestimmenden Standard.

Und noch heute, über 20 Jahre später, sind die Fragen dieselben:
“Wie dunkel ist Dein Himmel?” oder eben: “Welche Bortle-Klasse hast Du?”

Auch wenn es heute nicht mehr nur um die Himmelsbeobachtung geht, sondern oft auch um die Astrofotografie:
In beiden Fällen ist ein dunkler Himmel wünschenswert und Lichtverschmutzung stört.

Es gibt aber einen wichtigen Unterschied:
Himmelsbeobachtung braucht einen besseren Himmel. Jedes bisschen Lichtverschmutzung stört extrem beim Beobachten.
Astrofotografen können allerdings ‘Licht sammeln’ – ein Auge kann das nicht.
Und darum kommen Astrofotografen auch mit einem schlechteren Himmel zurecht.
–> Ein Himmel, der für Beobachter ‘das Aus’ bedeutet, kann für einen Astrofotografen noch funktionieren.


Eigentlich könnte hier das Ende des Artikels sein…
Es gibt 9 Bortle-Klassen. Sie sind fest definiert. Jeder kann sie durch Beobachtung bestimmen.
Die Skala trifft Aussagen über die Dunkelheit am Zenit, aber auch über den Horizont und die Landschaft.
Die Bortle-Klassen geben also eine Auskunft über den gesamten visuellen Eindruck der künstlichen Aufhellung an einem Standort.

Ich könnte Dir jetzt einfach sagen:
“Beobachte den Himmel, nimm Dir die Bortle-Skala, beantworte die Fragen und Du kennst Deine Bortle-Klasse.”
Oder ich könnte Dir sagen: “Schau in eine App oder auf eine Karte. Da stehen die Bortle-Klassen.”
(Aber das wäre falsch. Auch wenn genau das sehr viele Webseiten so empfehlen.)

Auch könnte ich sagen: “Mach Dir nicht so viele Gedanken, wenn Du fotografierst. Die Bortle-Skala ist eigentlich etwas für Beobachter. Denn die brauchen einen richtig dunklen Himmel viel dringender!”

Wir wären hier fertig und die Grundlagen der Bortle-Skala geklärt.
Doch dann geschah etwas:

Internet killed the Bortle-Scale

Fast zeitgleich zur Entstehung der Bortle-Skala 2001 wurden die ersten weltweiten Strahlungskarten im (noch relativ neuen) Internet veröffentlicht.
Du kennst Strahlungskarten vielleicht unter dem Begriff “Lichtverschmutzungskarte”.

Das war für Astronomen super!
(Astrofotografen gab es 2001 fast noch nicht. Die erste bezahlbare digitale Spiegelreflex-Kamera erschien erst 2003: Eine 6 Megapixel-Kamera von Canon für damals richtig billige ‘nur’ 1000.- Euro)

Die Lichtverschmutzungskarten ermöglichten es nun, in echten Landkarten die Lichtverschmutzung zu erkennen. Zumindest ungefähr.
Man musste nicht mehr rumfragen: “Sag mal, kennst Du einen guten Ort in der Nähe von XYZ? Ich mache nächste Woche dort in der Gegend Urlaub und würde gerne in einer Nacht etwas rausfahren und beobachten.”

Erstellt wurden (und werden) die Karten mit Hilfe von Satelliten-Messungen.
Satelliten messen dabei natürlich keine Bortle-Klassen, sondern Strahlung. Strahlung über einer Fläche. Strahlung von der Erde ins Weltall.
Ich erkläre das hier nicht genauer, denn es soll kurz bleiben.
Die neuen Messwerte waren auch super, aber eben etwas anderes als Bortle-Klassen. Andere Werte mit einer anderen Aussage und Bedeutung.

Satellitenmessungen vs. visuelle Bortle-Klassen

Plötzlich gab es zwei Möglichkeiten, etwas über die Dunkelheit oder die Lichtverschmutzung zu sagen.
Sozusagen zwei Skalen, die ganz unterschiedlich waren:

1. Die echten Bortle-Werte
Von einem Beobachter visuell bestimmt. An einem Ort, zu einer Zeit.
Es wird dabei sehr viel betrachtet: Der Himmel im Zenit, der Horizont, die mögliche Lichtverschmutzung in allen Richtungen, die Sichtbarkeit von Wolken und bestimmten Galaxien…
Jede Bortle-Klasse wird durch all diese Faktoren definiert.
Die Bortle-Klasse bezieht sich also auf den visuellen Gesamteindruck eines Standorts.

2. Die Satellitenmessungen
Ein Satellit betrachtet keine Horizontaufhellung, keine Sichtbarkeiten von Galaxien. Er unterscheidet nicht.
Ein Satellit misst eine Flächenhelligkeit.
Diese Rohdaten kann man dann umrechnen. Zum Beispiel auch in eine Art ‘Einheit’: SQM
Das ist aber eben kein Bortle-Wert. Es sind (umgerechnete) Strahlungswerte.


Doch anstatt sich mit den Unterschieden vertraut zu machen und zu verstehen, was die neuen SQM-Werte eigentlich bedeuten, wollten die Leute weiterhin Bortle-Werte haben.
Jetzt aber in den Karten fest eingezeichnet.

Dabei ergab sich ein Problem – ein Problem, das wir bis heute haben und das immer schlimmer geworden ist:

Man versuchte die Satellitenmessungen in Bortle-Klassen zu transferieren.
Das Blöde dabei: Das geht nicht richtig!
Man kann es versuchen; man kann eine Annäherung erreichen. Aber an sich ist es unmöglich. Es widerspricht der Definition der 9 Bortle-Klassen:
Die aus dem All gemessene Flächenhelligkeit ist einfach etwas ganz anderes als eine Bestimmung von Sichtbarkeiten, der Horizontaufhellung… etc.

Tja:
Anstatt ganz klar zu sagen: “Gewöhnt Euch an die neuen Strahlungswerte (SQM) oder bestimmt Eure Bortle-Klasse wie schon immer selbstständig und rein visuell”, wurden nun Bortle-Werte in Karten eingetragen.
Bortle-Werte, die keine Bortle-Werte sind und es auch nicht sein können!

Tja – und dann hatten wir den Salat…

Bortle 4? Nein! Nicht wirklich!

Bortle-Werte in Lichtverschmutzungskarten – sinnlos und wertlos

Wie gesagt wurden nun Strahlungswerte in Bortle-Werte transferiert. Dabei wurde die Definition von John E. Bortle aufgegeben.
Das, was man nun in Lichtverschmutzungskarten (genauer: Strahlungskarten) finden kann, nennt sich zwar Bortle-Klasse, hat damit aber nicht mehr viel zu tun!

“Na und?”, denkst Du Dir nun, “was ist daran schlimm?” Und vielleicht auch:
“Mir doch egal, wie das umgerechnet wird und ob das ‘echte’ Bortle-Klassen sind. Ich will doch nur wissen, wie dunkel ein Ort ist.”

Klar – und genau das ist das Problem:
Du schaust Dir nun verschiedene Orte auf der Lichtverschmutzungskarte an. Und Du findest viele, bei denen Bortle 4 steht.

Zu welchem der Orte fährst Du nun? Natürlich zu dem, der am einfachsten zu erreichen ist. Denn – so glaubst Du – es sind ja alles ganz ähnliche Orte, sie haben alle Bortle 4.

Man glaubt also B4 = B4 und B5 = B5.
Denn das war ja einer der Vorteile der echten Bortle-Klassen: Vergleichbarkeit.

Nur: Genau das stimmt nicht!
Wie gesagt: Echte Bortle-Klassen werden bestimmt, indem u.a. der Horizont betrachtet wird.
Lichtverschmutzungskarten haben nur eine Flächenstrahlung, gemessen aus dem Weltall.
Die Umrechnung in Bortle-Werte ist dabei nicht nur falsch. Sie ist sogar unmöglich!

Schau Dir mal diese beiden Screenshots an. Siehst Du?! Beide Standorte werden mit ‘Bortle: Class 4’ angegeben.
Der Unterschied ist wohl deutlich, oder?

Der eine Standort befindet sich ungefähr im Norden des Ruhrgebiets. Direkt neben einer Autobahn.
Schaut man von dort nach Süden, also in Richtung der Milchstraße, so leuchtet der gesamte Horizont orange. Denn dort sind riesige Städte mit einigen Millionen Einwohnern. Die Milchstraße wirst Du dort nicht sehen. Und die Galaxie M33 erst recht nicht. Aber beides ist Teil der Definition Bortle 4!
(Bortle 4 hat mehrere Teilbereiche. Aber ‘Milchstraße im Zenit noch ordentlich sichtbar’ und ‘Galaxie M33 schwierig, aber eben doch sichtbar’ sind Teil der Definition ‘Klasse 4’!)

Der andere Standort befindet sich in 1600 Metern Höhe in den Alpen. Im Westen von Österreich, fast an der Grenze zur Schweiz.
Im Süden gibt es zwar auch eine Ortschaft: Bludenz. Aber die hat nur 15.000 Einwohner.
Dort kann man die Milchstraße sehen und auch die Galaxie M33! Es ist ein wirklich toller Alpenstandort!

Wir haben hier also Alpen und Ruhrgebiet – einen guten dunklen Standort und einen sehr lichtverschmutzten.
Aber beide sind in der Karte Bortle-Klasse 4.


Genau das ist das Problem mit den Bortle-Werten in Strahlungskarten!
Sie sind keine echten Bortle-Werte.
Man transferiert von einem Satelliten gemessene Flächenhelligkeiten irgendwie (und dann eben falsch) in angebliche Bortle-Werte.
Es kann dann sein, dass der Himmel direkt im Zenit, also ganz oben, tatsächlich ähnlich dunkel ist. Nicht gleich, aber ähnlich.
Nur sagt das fast nichts über alle anderen Faktoren am Standort aus!

(Übrigens führt das auch dazu, dass die absoluten Stadtzentren von Frankfurt oder Köln oder Luxemburg mit Bortle Class 7 in der Lichtverschmutzungskarte stehen. In Wahrheit sind das extrem lichtverschmutzte Standorte der Klassen B8 bis B9. Köln-Deutz direkt am Autobahnende und absolut zentral gelegen wird sogar als B6 verzeichnet. Das ist mehr als nur ein schlechter Witz!)

Tja…
Das ursprüngliche Ziel der Bortle-Skala ‘Vergleichbarkeit von Orten‘ ist damit nicht mehr gegeben.
Der unbedingte Wunsch, Strahlungswerte von Satelliten in Bortle-Werte zu transferieren, kann nicht funktionieren.
Aber ‘die Leute’ wollen es. Unbedingt.
Und jetzt haben wir den Salat:
Internet killed the Bortle-Scale!

Was kannst Du nun machen?

Natürlich kannst Du weiterhin die echte Bortle-Klasse rein visuell durch Beobachtung bestimmen. Wie schon immer. Aber dazu musst Du eben an dem Ort sein.
Ich kann das nur empfehlen! Es macht Spaß und man lernt sehr viel (ohne, dass es sich wie Lernen anfühlt).

Du kannst aber natürlich auch die Strahlungskarten (Lichtverschmutzungskarten) benutzen – aber richtig.
Und richtig heißt: Vergiss die Bortle-Werte in den Karten! Beachte sie nicht!

Es gibt etwas besseres:

SQM-Werte in den Lichtverschmutzungskarten

Vielleicht ist Dir aufgefallen:
Ich habe oben schon etwas Kritik geübt. Nämlich an dem Transfer von SQM-Werten in Bortle-Werte.
Diese Kritik stimmt so. Dennoch haben die SQM-Werte ihre Berechtigung!

Die sagen zwar auch nicht direkt etwas über die Horizontaufhellung aus. Sie sind daher auch nicht wirklich mit den Bortle-Klassen vergleichbar.
Aber: Diese Werte haben eine viel feinere Auflösung. Damit sind sie viel genauer.

Die beiden Bortle 4 Standorte von oben (der lichtverschmutzte neben einer Stadt und der gute in den Bergen) haben zwar beide in der Karte (nicht in echt) Bortle 4 – aber sie haben ganz andere SQM-Werte (20,67 und 21,66).
Und diese helfen Dir viel mehr: Je größer der SQM-Wert, desto besser ist der Zenit. (Ja, der Zenit, nicht unbedingt der Horizont.)
Aber: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein dunkler Zenit auch einen dunklen Horizont bedeutet, ist relativ groß. Meiner Erfahrung nach stimmt das relativ gut – aber nur relativ gut. Niemals perfekt.

Niemals perfekt?
Ich war an verschiedenen Orten, die bis auf die zweite Nachkommastelle denselben SQM-Wert hatten.
Die Himmelshelligkeit im Zenit war dann auch fast gleich (21,58 und 21,63). Die vom Satelliten gemessene Strahlung war so gut wie identisch.
Aber: Der eine Ort war trotzdem insgesamt in der Landschaft heller, der Horizont viel gelber, die Milchstraße schlechter zu sehen.
Das liegt einfach daran, dass Strahlungswerte nicht das sehen, was menschliche Augen wahrnehmen. Strahlungswerte sind keine Bortle-Klassen. Man kann sie nicht umrechnen.

Dennoch: SQM-Werte sind viel besser! Sie sind feiner aufgelöst und darum genauer als die falschen Bortle-Klassen in Lichtverschmutzungskarten.


Das heißt für Dich, wenn Du einen dunklen Ort in einer Lichtverschmutzungskarte suchst:

  • Bortle-Werte vollkommen außer Acht lassen! Nicht beachten!
  • SQM-Werte anschauen!
  • Nachsehen, was es in der Umgebung gibt.
    Sind da große Ortschaften? Und: Wie hoch liegt der Ort über dem Meer. Denn ‘oben’ bedeutet fast immer ‘besser’.
  • Ein guter SQM-Wert ist keine Garantie für einen dunklen Horizont. Aber so gut wie eine Garantie für einen recht dunklen Himmel oben im Zenit. Und fast immer die Garantie, dass es zumindest in einer Himmelsrichtung keine hell leuchtende Ortschaft gibt.

Freundliches Schlusswort

Freunde der Nacht!
Da wären wir am Ende angekommen.
Ganz so kurz war das nun doch nicht. 😉 Aber hoffentlich informativ für Dich?
Im Idealfall hast Du nun eine gute Idee, was die Bortle-Skala ist und warum Du ‘Deine Bortle-Klasse’ nicht in einer Lichtverschmutzungskarte ablesen kannst.

Willst Du nun tiefer einsteigen, interessiert Dich die genaue Entstehungsgeschichte der Bortle-Skala oder willst Du genauer wissen, was ihre Vorteile sind?
Möchtest Du alle 9 Bortle-Klassen kennenlernen und erfahren, was sie kennzeichnet?

Ich habe hier einiges weggelassen, damit es kurz und knapp bleibt.
Beispielsweise gibt es Faktoren, die von der Bortle-Skala, aber auch von den Strahlungskarten überhaupt nicht erfasst werden. Faktoren, die aber dennoch wichtig sind.

Bist Du neugierig, wie das mit den Lichtverschmutzungskarten funktioniert, wie die Bortle-Werte entstehen und warum es sie in den Karten gibt, obwohl sie keine ‘echten’ Bortle-Werte sind? Und interessiert es Dich, was der Entwickler der bekanntesten Strahlungskarte zu der Kritik sagt?

Dann schau Dir gerne den Hauptartikel an.
Er ist voller Bilder des Nachthimmels, hat viele Screenshots aus Lichtverschmutzungskarten und erklärt alles (die Skala selber und die Probleme) viel genauer. Aber selbstverständlich hat er eben auch viel Text – so ist das nun einmal, wenn man etwas genauer und detaillierter erklären will.



Zuletzt möchte ich Dir nochmals sagen:
Bist Du fotografisch unterwegs, also kein visueller Himmelsbeobachter, dann ist der Bortle-Wert nicht so extrem entscheidend.
Klar – ein heller Himmel ist immer ein Nachteil!
Aber während ein visueller Beobachter unter einem B6-Himmel fast vollkommen verloren ist und nur noch die hellsten Objekte bestaunen kann, kannst Du fotografisch noch sehr viel machen.
Vielleicht musst Du Dir mit Technik helfen und mit Sicherheit musst Du mehr Zeit investieren.
Dein Vorteil ist aber: Du kannst Zeit investieren – Du kannst ‘Licht sammeln’*. Augen können das nicht.

(*Also natürlich kannst Du kein ‘Licht sammeln’. Aber Du kannst Stör- und Rauschquellen mathematisch reduzieren: Du kannst Bilder stacken.
Und Du kannst in der Bildverarbeitung Helligkeitsgradienten entfernen, Kontraste steigern und so viel mehr…)

Und so gesehen bleibt mir nur, Dir viel Freude bei der Astrofotografie zu wünschen – ob unter einem grandiosen B3-Himmel oder unter einem eher mittelmäßigen B5-Himmel.
An beiden Orten entstehen mit Motivation und Freude wunderbare Aufnahmen.
Genieße es!

Ach so…
Falls Du Dich hier noch weiter umsehen willst: Nur zu. Die Sitemap ist dafür ein guter Startpunkt.
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1 Gedanke zu „Die Bortle-Skala – Was ist das?“

  1. Zufällig auf diesen Artikel geraten (ja, ich suchte eine Orientierung für Lichtverschmutzung, Nähe Frankfurt am Main….ohje….), gefällt mir der Inhalt und die Art zu schreiben, sie drückt die Begeisterung des Autors aus, und jetzt will ich gerne mehr davon….

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