Das Sternbild Skorpion ist eines der fantastischsten sommerlichen Sternbilder; die Region zwischen den Sternen Antares und Rho Ophi eine der farbenfrohsten überhaupt.
Doch leider ist der Skorpion in seiner Gänze von Mitteleuropa aus niemals vollständig zu sehen, vielleicht mit ein Grund, der ihn für uns so besonders macht.
Trotz der erschwerten Bedingungen in unseren Breiten ist der Skorpion ein lohnenswertes Ziel und viele der wunderschönen Objekte auch von hier aus zu fotografieren:
Der Kugelsternhaufen M4 ist einer der größten, die bunten Nebelgebilde einzigartig und der blaue Pferdekopf vielleicht sogar der schönste Reflexionsnebel überhaupt.
Dieser Artikel soll einen Einblick in dieses vielfältige Sternbild liefern:
Angefangen bei den antiken Mythen, über einige astronomische Fakten und hin zu einzelnen Objekten und den konkreten Möglichkeiten, sie zu fotografieren.
Dazu viele Tipps, spannende Infos und Beispielbilder mit allen möglichen Brennweiten.
EDIT:
Dieser Artikel wurde 2022 vollständig überarbeitet und ergänzt.
2. Griechische Mythologie
3. Den Skorpion finden, beobachten und fotografieren
Wie findet man das Sternbild am Himmel?
Wie kann man es fotografieren?
4. Objekte im Sternbild Skorpion
Stern: Antares
Sternhaufen
Nebelgebiete
Weitere lohnenswerte Objekte
5. Freundliches Schlusswort
1. Allgemeines
Das Sternbild Skorpion zählt zu den 48 antiken ptolemäischen Sternbildern (150 n. Chr). Es bedeckt eine Fläche von etwa 500 deg² und zählt damit zu den mittelgroßen Sternbildern.
Der Skorpion ist eines der wenigen Sternbilder, bei denen der Asterismus (also das Muster, das man aus seinen Sternen bilden kann) einigermaßen mit dem Namensgeber übereinstimmt:
Mit etwas Phantasie erkennt man einen Skorpion, dessen Scheren bis in das heutige Sternbild Waage reichen und dessen Stachel bedrohlich erhoben dem Band der Milchstraße folgt.
Bekannt war das Sternbild bereits in der Bronzezeit vor über 5000 Jahren.
Von den Kulturen im Zweistromland (‘Babylonier’, ‘Sumer’, ‘Akkader’) verbreitete es sich über das antike Ägypten, die Kulturen auf Kreta (‘Minoer’) nach Griechenland und von dort weiter ins römische Reich.
Über die Jahrtausende veränderten sich dabei sowohl Namen als auch Mythen und sogar die Sterne, die zu diesem Sternbild gezählt wurden:
Aus einer bronzezeitlichen Göttin wurde ein Skorpion. Die westlichen Scheren wurden Teil des Sternbilds Waage und 1922 wurde bei der Neuaufteilung des Himmels der nördliche Teil dem Schlangenträger zugeschlagen.
Der Skorpion ist eines der Tierkreisbilder; die Sonne passiert es auf ihrer Bahn.
Dies allerdings nur für eine knappe Woche Ende November.
Sternzeichen Skorpion?
Wir reden hier vom Sternbild Skorpion – also von einer Region am Himmel.
Das “Sternzeichen Skorpion” und alles was mit Astrologie zu tun hat, gehört hier nicht hin.
Astronomie, die Himmelskunde ist eine Wissenschaft. Astrologie ist ein fantasievolles (Aber-)Glaubenssystem, das keinen Bezug zum realen Himmel hat.
Dennoch “hat” jeder von uns “sein” Sternzeichen – je nachdem an welchem Tag man geboren wurde.
Allerdings haben die meisten in Wahrheit (auf den realen Himmel bezogen) ein anderes Sternzeichen.
Fast niemand hat “Skorpion” als Sternzeichen!
Die Astrologie nutzt einen fiktiven Himmel, so wie er vor über 2000 Jahren einst war.
Würde man also die “Sternzeichen” nicht anhand über 2000 Jahre alter Himmelskarten berechnen, sondern anhand des echten, heutigen Himmels, so hätten nur diejenigen, die vom 23. bis 30. 11. geboren sind, Skorpion als “ihr Sternzeichen”.
Man “hat” nämlich das Sternzeichen, in dem die Sonne am Tag der Geburt stand.
Und:
Im “klassischen Skorpionzeitraum” steht die Sonne tatsächlich meist in der Waage (30.10. bis 23.11.). Im Skorpion steht sie nur in den letzten Tagen des Novembers.
Bist Du also Skorpion, so freunde Dich mit dem Gedanken an, dass zu Deiner Geburt die Sonne im Sternbild Waage oder anfänglich (erste “Skorpionwoche” vor dem 30.10) im Sternbild Jungfrau stand.
Es sei denn, Du bist vor 2600 Jahren geboren. 😉
(Ja – das ist bei fast allen “Sternzeichen” so. Bei den meisten von uns, stand die Sonne am Tag der Geburt in einem anderen Sternbild. Denn fast niemand von uns ist 2600 Jahre alt.
Aber das ist auch egal, denn “Sternzeichen” gibt es nicht, genauso wie Sternbilder. Alles sind Erfindungen der Menschen.)
Übrigens ist es genauso richtig, wenn Du auf die Frage: “Sag mal, welches Sternzeichen hast Du eigentlich?” antwortest:
“Ich? Ich bin Angelhaken!”
Warum? Lies weiter!
Alle meine Sternbildbeschreibungen folgen demselben Schema:
Im Aufbau folgt danach immer ein Abschnitt, der sich mit dem Auffinden des Sternbilds bzw. der Region befasst.
Interessiert es Dich jedoch, wie dieses Sternbild an den Himmel gelangte, lese einfach weiter.
Ganz am Anfang stehen die antiken Mythen und somit die Entstehungsgeschichte.
Natürlich kann es kann sein, dass gerade Du Dich nun überhaupt nicht dafür interessierst.
Ist das so, so scroll’ einfach runter!
Zuletzt bespreche ich dann einzelne Deep-Sky-Objekte und stelle Sie, auch mit Fotos und deren technischen Daten, genauer vor.
Auch solche, von denen Du vielleicht noch nie etwas gehört hast.
Viel Spaß!
2. Griechische Mythologie – Wie der Skorpion an den Himmel gelangte
Wie und warum der Skorpion in die Welt kam, habe ich beim Sternbild Orion genauer beschrieben.
Die “Orion-Saga” ist meiner Meinung nach einer der “spannendsten Blockbuster”, den die griechische Mythologie zu bieten hat:
Orion war ein ausgesprochen rücksichtsloser Jäger – sowohl gegenüber der Tierwelt als auch gegenüber dem weiblichen Geschlecht.
Kurz: Orion machte sich mit seinem Verhalten viele Feinde.
Als Sohn mehrerer Götter (ja, Orion hat drei göttliche Väter und keine Mutter!) war er obendrein nahezu unsterblich.
Der Skorpion wurde erschaffen, um Orion zu töten.
Es gibt verschiedene Versionen, was genau geschah:
Wahrscheinlich war es Artemis, die Göttin der Jagd und Beschützerin der Mädchen, die sich an Hephaistos, den Schmied und Erfinder wandte. Sie soll ihn gebeten haben, ein Wesen zu erschaffen, ausgestattet mit einem Gift, das Orion töten könnte: Den Skorpion.
Wie Orion nun ganz genau zu Tode kam, ist auch nicht ganz sicher: Entweder direkt durch das Gift des Skorpions oder durch einen Pfeil, nachdem ihn das Gift kampfunfähig gemacht hatte.
Jedenfalls wurde Orion nach dem Tod von seinem Göttervater Zeus an den Himmel gesetzt, genauso wie der Skorpion. Beide wurden dabei so platziert, dass sie sich niemals begegnen können:
Geht das Sternbild Orion im Frühjahr unter, geht der Skorpion auf. Und geht der Skorpion im Hochsommer unter, erscheint Orion.
Eine weitere Geschichte findet sich in Zusammenhang mit dem Sternbild Fuhrmann, besser Wagenlenker:
Phaeton, der Sohn des Sonnengottes Helios, durfte zum Leidwesen seines Vaters eine Fahrt mit dem Sonnenwagen unternehmen. Als die Pferde, die den Wagen zogen, den zum Angriff erhobenen Stachel des Skorpions erblickten, gingen sie durch. Ein Drama nahm seinen Lauf, dem wir letztendlich die Milchstraße zu verdanken haben:
Der Sonnenwagen geriet in Brand, kam von seiner Sonnenbahn ab und raste unkontrolliert über den Nachthimmel. Noch heute können wir die Brandnarbe sehen: Die Milchstraße.
Sternbild Skorpion? Nein “Sternbild Angelhaken”!
Nicht nur die antiken Kulturen im Mittelmeerraum hatten ihre Sage zu diesem deutlich sichtbaren Sternenmuster; auch in anderen Regionen der Welt ersonnen die Menschen Geschichten:
Die Ureinwohner Neuseelands (wo es keine Skorpione gibt) sahen in der Sternenkette einen Angelhaken, mit dem die Erde bei der Schöpfung der Welt von der Schöpferin aus dem Urmeer geangelt wurde.
Auch die Ureinwohner Hawaiis erkennen einen Angelhaken, mit dem ein Gott einst die Inselkette aus dem Ozean gezogen habe.
Bekannt ist vielleicht, dass auch im chinesischen Kulturraum, der Himmel beobachtet und eingeteilt wurde:
Es gibt 31 Regionen. Diese 31 Regionen werden in 3 ‘Gebiete’ (der immer sichtbare Nordhimmel) und 28 Wohnsitze untergliedert. Immer 7 ‘Wohnsitze’ ergeben eines von vier Wundertieren.
Der Himmelsregion, die wir als Sternbild Skorpion begreifen, ist dort Teil des Wundertiers ‘Blauer Drache’, einem riesigen Bereich des Nachthimmels. Dieser blaue Drache besteht aus eben 7 Wohnsitzen.
Einer dieser Wohnsitze heißt Herz und wird durch den hellsten Stern in dieser Region gekennzeichnet: Antares, den Hauptstern ‘unseres’ Skorpions.
Was bei uns also der ‘Kopf des Skorpions’ ist, ist in China das ‘Herz des blauen Drachens’.
Diese Mythen und Geschichten sind natürlich genauso richtig, wichtig und ein Teil der Kultur, wie unsere ‘antiken Mythen’. Dieses Muster am Himmel ist also genauso gleichberechtigt ein Angelhaken, wie ein Skorpion oder Teil eines blauen Drachens.
So nebenbei:
Auch das Sternbild Steinbock ist noch nicht sehr lange ein Steinbock. Die längste Zeit wurde es in Europa ganz anders bezeichnet.
Wie und warum? Das steht im Artikel “Sternbild Steinbock – den Ziegenfisch am Himmel finden.”
3. Den Skorpion finden, beobachten und fotografieren
Den Skorpion finden und beobachten
Der Hauptstern des Skorpions, Antares, leuchtet unverkennbar rot-orange und “die Scheren des Skorpions” zeichnen ein unverkennbares Muster an den Himmel. Schwer ist die nördliche ‘Kopfregion’ des Skorpions also nicht zu finden, wenn man im späten Frühling und Sommer an den südlichen Horizont blickt. Die leuchtstarken Sterne setzen sich auch gegen die Lichtverschmutzung einer Großstadt durch, sodass man sie praktisch überall im deutschsprachigen Raum sehen kann.
Schwerer (bis unmöglich) wird es dann mit dem restlichen Sternbild. Zwar ist es von Antares kommend an sich keine Kunst mit den Augen der Sternenkette hinab zu folgen, dann nach Osten (links) abzubiegen und von dort wieder hinauf in Richtung Schütze zu wandern.
Aber die Horizontnähe verschluckt gerne einige der Sterne und die südlichsten steigen von hier aus betrachtet niemals über den Horizont.
Befindet man sich jedoch selber im Süden, beispielsweise in Griechenland, auf Sizilien oder Nordafrika, so kann man die Figur des Skorpions, von den Scheren, die in die Waage reichen, bis zum Stachel, der dem Band der Milchstraße folgt, problemlos nachvollziehen. Auch wird man dort mindestens den Kugelstenhaufen M4, evtl. auch einen der offenen Sternhaufen ohne Hilfsmittel erspähen können.
Der beste Zeitraum, um das Sternbild Skorpion zu fotografieren
Der Zeitraum der Sichtbarkeit ist länger als der, der sich für die Fotografie eignet. Dank seiner hellen Sterne ist der “Skorpionkopf” auch in den Dämmerungsphasen vor und nach dem Ende der dunklen Nacht sichtbar und das auch sehr horizontnah.
Fotografisch wartet man idealerweise die Zeitpunkte ab, zu denen er während der astronomischen Dunkelheit möglichst hoch über dem Horizont steht.
Der ideale Zeitraum für den Skorpion ist bei uns, obwohl er zu den Sommersternbildern gezählt wird, der Frühling:
Anfang Februar erscheint er erstmals über dem südöstlichen Horizont; Antares ist in der letzten Stunde vor Sonnenaufgang zu sehen. Von nun an erscheint er jeden Monat etwa 2 Stunden früher.
Anfang März lässt er sich bereits über einen Zeitraum von rund 2 Stunden beobachten, etwas länger und früher dann Anfang April.
Ideal ist der Mai. Ab Mitternacht stehen bis zum Sonnenaufgang über 3 Stunden zur Verfügung, wobei Antares vor Sonnenaufgang direkt im Süden seinen höchsten Punkt erreicht.
Theoretisch wäre der Juni ebenso geeignet. (Und ist das auch, wenn man sich in den Alpen oder in Südeuropa befindet)
Im Juni erreicht der Skorpion seinen Höchststand um Mitternacht. Das ist grundsätzlich bei jedem Sternbild der beste Zeitpunkt für die Fotografie.
Doch im Juni stören da die kurzen Sommernächte, die in weiten Teilen Deutschlands nicht absolut dunkel werden.
Das Sternbild Skorpion ist somit eine Ausnahme: Die obere Kulmination um Mitternacht und der beste Zeitpunkt für die Astrofotografie fallen aufgrund der hellen Sommernächte nicht zusammen.
Im Juli hat der Skorpion seinen Zenit zum Einbruch der astronomischen Nacht bereits überschritten und befindet sich im Untergehen. Im August ist er nur noch kurz vor seinem Untergang knapp im Südosten zu erhaschen.
So gesehen ist der Skorpion bei uns tatsächlich zwischen Mitte März und Ende Mai am besten zu sehen und zu fotografieren – eindeutig im Frühling.
(Weiter im Süden eignet sich hingegen der Zeitraum von Mitte Mai bis Mitte Juli genauso gut: Der Skorpion steigt höher über den Horizont und die Juni-Nächte sind länger.)
Die folgende Tabelle gibt geeignete Zeiträume für Süddeutschland an.
Als Kriterium für ‘geeignet’ wird dabei die Kombination aus “astronomischer Nacht” und einer Höhe von min. 10° über dem Horizont, die Antares erreichen muss, definiert.
(Der höchste Punkt befindet sich in Süddeutschland etwa 16° über dem Horizont. Es vergehen rund 2 Stunden zwischen der Höhe von 10° und der maximalen Höhe).
Weiter im Norden steigt Antares natürlich nicht so weit hinauf, dennoch gelten die Zeiten ähnlich. Man muss jedoch bedenken, dass der Juni im Großteil Deutschlands keine dunklen Nächte mehr bietet und dieser Zeitraum somit (wie noch weiter im Norden auch Mai und Juli) entfällt.
Damit wird abermals deutlich, dass der Skorpion im Frühling am besten zu fotografieren ist. Tatsächlich kann man die Nebelgebiete um Antares im Februar länger fotografieren als im Juli.
(Nicht wundern: März/April – Zeitumstellung!)
Datum | Antares Kulmination | Beginn dunkle Nacht | Ende dunkle Nacht | Sinnvoller Zeitraum (min. 10° über Horizont + Dunkelheit) |
---|---|---|---|---|
15. Februar | 07:00 | 19:20 | 05:45 | 04:20 bis 5:50 (1,5h) |
15. März | 5:10 | 20:05 | 04:50 | 02:30 bis 5:00 (2,5h) |
15. April | 4:10 | 22:00 | 04:40 | 01:20 bis 4:50 (3,5h) |
15. Mai | 2:10 | 23:10 | 03:20 | 00:00 bis 03:30 (3,5h) |
15. Juni | 0:10 | 00:15 | 02:15 | 00:15 bis 2:20 (2h) |
15. Juli | 22:10 | 23:50 | 02:50 | 23:40 bis 00:20 (40 min) |
15. August | 20:10 | 22:30 | 04:10 | keiner |
Warum gibt es überhaupt einen ‘besten Zeitpunkt?’
1. Der Sternenhimmel hat Jahreszeiten
2. Jedes Himmelsobjekt geht auf, erreicht einen höchsten Punkt über dem Horizont (weit weg von der Lichtverschmutzung) und geht wieder unter.
Etwas genauer, mit einfach verständlichen Grafiken und ganz unterhaltsam habe ich das in einem eigenen Artikel erklärt:
“Jahreszeiten am Nachthimmel und die beste Zeit für jedes Deep-Sky-Objekt”
Die folgende Grafik zeigt die Auf- und Untergangszeiten des Skorpions bei uns. Normalerweise ist die beste Zeit immer ungefähr dann, wenn ein Objekt um Mitternacht seinen Höchststand erreicht.
Beim Skorpion ist das anders, da es im Juni kaum dunkel wird. (Artikel: Wann ist es wirklich dunkel?).
Anhand der grünen und der violetten Kurve kannst Du erkennen, dass die Monate März, April und Mai ideal sind. Im Dezember steht der Skorpion hingegen tagsüber am Himmel.
(Wie solche Grafiken gedeutet werden, steht übrigens genauer auch im “Jahreszeiten-Artikel”)
4. Objekte im Sternbild Skorpion
Da das gesamte Sternbild Skorpion von unseren Breiten aus niemals vollständig über den Horizont steigt, bleiben uns einige der tollsten Deep-Sky-Objekte leider gänzlich verborgen oder stehen nur extrem kurz und so horizontnah am Himmel, sodass die Fotografie fast aussichtslos ist.
Im deutschsprachigen Raum kann nur mit viel Glück von den höchsten Gipfeln der südlichen Alpen und bei besten Bedingungen fast der gesamte Skorpion, d.h. zumindest alle Sterne des Asterismus’ gesehen werden. Mit Sicherheit klappt das dann ab dem 43 Breitengrad, was z.B. Florenz, Sarajevo, Toulouse oder der nördlichen Küste Spaniens entspricht.
Zwei Beispiele für extrem horizontnahe Objekte sind der Bärentatzennebel (Sh 2-8) und der Krieg-und-Frieden-Nebel (Sh 2-11 bzw. NGC 6357). Beide steigen zwar von Süddeutschland aus gesehen über den Horizont, jedoch nur so flach und kurzzeitig, dass sie kaum fotografiert werden können.
Ähnliches gilt für die beiden offenen Sternhaufen M6 und M7.
Völlig verborgen bleibt uns auch bei bester Horizontsicht z.B. der Garnelen-Nebel (IC 4628), ein schönes, großes und leuchtkräftiges H-Alpha-Gebiet mit einem Sternhaufen. Er ist ein fotografisches Ziel und mein Tipp bei Reisen an südlichere Standorte.
Auch bei den Objekten, die über den Horizont steigen, hat man es bei uns nicht leicht.
Die Tatsache, dass der Skorpion meist nur für 2 bis 3 Stunden je Nacht und das auch nur während etwa 3 bis 4 (sinnvollen) Monaten des Jahres erscheint, machen das Sammeln von viel Belichtungszeit nicht gerade einfach. Vor allem auch, weil er immer recht nah am Horizont steht.
Hinzu kommt zu allem Übel noch die fehlende Dunkelheit rund um die kurzen Nächte Ende Juni.
Dennoch sind die Objekte im Skorpion zu faszinierend, um sich nicht an ihnen zu versuchen. Eine Aufgabe, die viele Jahre Freude bereiten kann. Nicht nur aufgrund der zeitlichen Gegebenheiten, sondern auch aufgrund der enormen Vielzahl an Objekten aller Typen:
Emissions- und Reflexionsnebel, offene Sternhaufen, Kugelsternhaufen, ein planetarischer Nebel und faszinierende Strukturen interstellarer Materie (ISM/IFN, Dunkelwolken).
Nur prächtig leuchtende, großflächige Galaxien sucht man hier vergebens, wenngleich natürlich, wie überall, auch im Sternbild Skorpion einige Exemplare in den Galaxienkatalogen gelistet sind.
(Übrigens verhält es sich mit dem Sternbild Schütze ganz ähnlich, wobei dieses etwas bessere Sichtbarkeits-Bedingungen hat.)
Objekte im Detail
Hier werden nun viele Deep-Sky-Objekte genauer vorgestellt. Alle relevanten, die man von hier aus sehen und fotografieren kann.
Du findest zu allen einige Bilder mitsamt Angaben zur Technik und Belichtungszeit.
So viele Deep-Sky-Objekte…
Der nun folgende Block ist massiv! Das heißt er ist sehr umfangreich und voller Informationen. Es gibt einfach soooo viel zu entdecken im Feld des Skorpions.
Du wirst bestimmt ‘Dein’ Deep-Sky-Objekt und die gewünschte Information finden. Aber evtl. musst Du ein wenig scrollen.
Zur Übersichtlichkeit hier mal alle Objekte, die genauer in Wort und mit Fotos vorgestellt werden:
- Der Stern Antares
- Kugelsternhaufen M4
- Kugelsternhaufen M80
- Offener Sternhaufen M6 / NGC 6405
- Offener Sternhaufen M7 / NGC 6475
- “Die Skorpion-Nebel” / Rho-Ophiuchi-Region mit diversen Objekten – ganz allgemein
- Blauer Pferdekopf / IC 4592 / vdB 100 und weitere
- Rho Ophiuchi-Nebel / vdB 106 mit vdB 105 (IC 4604 und 4603)
- Sharpless 9 mit vdB 104
- Sharpless 1 und Sharpless 7 mit vdB 99
- Sharpless 11 und Sharpless 8
An dieser Stelle findet sich bei meinen Sternbildbeschreibungen meist ein vollständiges Panorama, kombiniert aus mehreren gestackten 85 mm Aufnahmen, in das ich die Linien des Asterismus und die größten Deep-Sky-Objekte einzeichne.
Beim Skorpion kann ich das leider nicht bieten, da er, wie erwähnt, von Deutschland aus nicht sichtbar ist und ich bei meinem letzten Besuch im Süden noch kein solches Panorama angefertigt habe.
Daher gibt es nur einen Screenshot aus Stellarium. Eingefügt drei 135 mm Bilder und Markierungen für einige der hier angesprochenen Objekte.
Zuerst stelle ich aber einen Stern vor: Antares
Antares – Der Gegenmars
Ares ist die griechische Bezeichnung für den Gott Mars. Seinen Widerpart (den Gegenmars oder Anti-Ares) sehen wir als hellsten Stern des Skorpions: Antares.
Mit 1,09 mag ist α Scorpii der hellste Stern des Sternbildes und der 16. hellste des Nachthimmels.
Er ist ein roter Überriese von über einer Milliarde Kilometern Durchmessern, ca. 15 Sonnenmassen, 9000 Sonnenleuchtkräften und der etwa 65.000 fachen Strahlungsenergie. Er befindet sich ca. 520 Lichtjahre von uns entfernt.
Das Bild (Quelle: wikimedia, gemeinfrei) zeigt Antares im Vergleich zu Acturus (ein ‘normaler’ roter Riese und der 3. hellste Stern des Nachthimmels) und der Sonne (kleiner Punkt oben).
Die gestrichelte Linie stellt die Marsbahn dar.
Antares ist so groß, dass er, stünde er an der Stelle der Sonne, über die Bahnen der inneren Gesteinsplaneten ragen würde.
Kugelsternhaufen M4, NGC 6121
Allgemeines
Messier 4 (auch NGC 6121 und Mel 144) ist DER Sternhaufen im Skorpion und einer der schönsten des Nachthimmels überhaupt (wobei Schönheit subjektiv ist).
Jedenfalls ist er einer der scheinbar größten und hellsten (0°26′), was auch daran liegt, dass er von allen Kugelsternhaufen derjenige ist, der uns am nächsten liegt: Nur 5.600 Lichtjahre beträgt die Entfernung. M80, der zweite Messier-Kugelhaufen im Skorpion, ist mit 48.000 Lichtjahren 9x so weit entfernt.
M4 wirkt daher nur so groß. In Wahrheit hat ‘der kleine’ M80 mehr als die doppelte Größe.
(Das ewige Problem bei der Beschreibung der Größe von Deep-Sky-Objekten: Bezieht man sich auf die von hier aus sichtbare Größe oder auf die tatsächliche?)
Als tatsächliche Größe wird ein Durchmesser von 75 Lichtjahren angegeben.
Eine Zahl, bei der man kurz innehalten kann: Dieses “Häuflein von Sternen”, das man gerade so sehen kann, ist tatsächlich so groß, dass das Licht von einem Ende zum anderen 75 Jahre benötigt.
Von der Sonne zur Erde braucht das Licht gerade einmal 8 Minuten. D. h., dass der Abstand Erde-Sonne rund 500.000 Mal in diesen Sternhaufen passen würde!
Jedenfalls macht diese scheinbare Größe M4 zu einem sehr dankbaren Objekt für Deep-Sky-Fotografen.
Würde er etwas weiter nördlich stehen, so würde er dem angeblich größten und hellsten Kugelsternhaufen, M13, dem Herkuleshaufen, mit Sicherheit den Rang ablaufen. M4 ist genauso hell, aber größer als M13.
M4 sehen und fotografieren
Sichtbar ist M4 ohne jedes Hilfsmittel und kann an dunklen Orten als kleiner Stern direkt neben Antares ausgemacht werden. Bereits mit einem einfachen Feldstecher erkennt man, dass es sich nicht um einen punktförmigen Stern handelt, sondern um ein scheinbar etwas nebliges Objekt. Mit Teleskopen lässt sich M4 dann problemlos in viele Einzelsterne auflösen.
Fotografieren kann man M4 relativ einfach. Sichtbar wird er aufgrund seiner Größe und Helligkeit auf Fotos mit beinahe jeder Brennweite. Ideal scheinen Brennweiten zwischen 400 und maximal 1000 mm.
Die Belichtungszeiten sollten mit um oder unter einer Minute relativ kurz gehalten werden, um die Sternfarben und den Zentralbereich des Haufens nicht überstrahlen zu lassen.
Mein Foto oben wurde aus 40 Fotos mit je 45 Sekunden kombiniert (f/3.9, ISO 1600, keine Korrekturbilder, kein Dithering).
(Aufgrund der Größe und Leuchtkraft findet sich M4 auch in mehreren Bildern mit kürzeren Brennweiten. Bilder, die weiter unten bei der Besprechung der Nebelgebiete zu sehen sind.)
Kugelsternhaufen M80, NGC 6093
M80, “der Kleine” steht stets im Schatten des riesigen M4, doch ist er astronomisch betrachtet nicht weniger interessant. Für Fotografen, die sehr lange Brennweiten nutzen, evtl. sogar das interessantere Objekt.
1781 beschrieb Messier M80 noch als “Nebel ohne Stern”; William Herschel 1785 dann bereits als einen der “dichtesten Haufen kleiner Sterne, die ich je gesehen habe”. Aufzufinden sei er “westlich des Himmelslochs”, womit Herschel die relativ sternenarme Region der Rho-Ophiuchi-Dunkelwolke meinte.
(Herschel wusste nichts von ‘Dunkelwolken’ und glaubte, dass es wirklich sternenlose Löcher am Himmel geben würde.)
Herschel hatte mit seiner Beschreibung des “dichtesten Haufens” nicht unrecht, denn heute gilt M80 tatsächlich als einer der dichtesten Sternhaufen unserer Milchstraße und als der kompakteste im gesamten Messier-Katalog. Die rund 100.000 Sterne mit etwa 400.000 Sonnenmassen ballen sich auf engstem Raum. Daher ist es kaum möglich, ihn im Zentrum in Einzelsterne aufzulösen.
In M80 finden sich erstaunlich viele blaue Sterne, die wirken, als seien sie wesentlich jünger als der Haufen selbst. Man nimmt an, dass die enorme Dichte im Haufen möglicherweise Sterne verschmelzen lässt. Auch wurde in M80 die erste jemals in einem Kugelsternhaufen beobachtete Nova entdeckt, wobei diese heller wurde als M80 selbst.
Mit dem bloßen Auge ist M80 nicht sichtbar, aber bereits ein kleiner Feldstecher reicht aus, um ihn als runden, sternartigen Flecken zu erkennen.
Hier noch ein Bild, das beide Haufen – M4 und M80 – gemeinsam zeigt. Beide Fotos sind dabei auf den selben Abbildungsmaßstab beschnitten, sodass der Größenunterschied deutlich wird.
(Dabei ist ‘der große’, also M4 in Wahrheit mit 75 Lichtjahren kleiner, als der kleinere M80, der es auf fast 100 Lichtjahre im Durchmesser bringt. M80 ist also real etwa 30% größer, aber gleichzeitig etwa 9x so weit entfernt.)
Offener Sternhaufen M6, NGC 6405, Schmetterling-Haufen
Zwei offene Sternhaufen des Messier-Katalogs finden sich im Feld des Skorpions; M6 ist der kleinere und nördlichere der beiden.
Abgesehen von den wenigen Objekten, die bereits in der Antike erwähnt wurden, ist M6 eines der Deep-Sky-Objekte, die in der ältesten bekannten Katalogisierung von nicht-stellaren Himmelsobjekten auftaucht: Der heute beinahe vergessene Giovanni Batista Hodierna, ein sizilianischer Geistlicher, konnte im Jahr 1654 18 einzelne Sterne zählen.
Etwa 100 Jahre später wurde der Haufen von De Lacaille in Südafrika beobachtet und gelistet, was Charles Messier bekannt war, der ihn daraufhin mit in seine “Verwechslungsgefahr mit Kometen-Liste” aufnahm, die wir heute als Messier-Katalog kennen.
(Mehr zur Geschichte der Deep-Sky-Kataloge, zur Entstehung des Messier-Katalogs, des NGC…, aber auch zu Giovanni Hodiernas erster Nebelliste, findet sich in der Artikelserie “Ordnung im Objektgewimmel – Entstehung und Geschichte der Deep-Sky-Kataloge”. Hier Teil 1)
M6 ist etwa 10 Lichtjahre groß und zählt damit zu den eher kleineren Sternhaufen. Da er sich aber nur rund 1600 Lichtjahre von uns entfernt befindet, bedeckt er rund 0°25′. Es handelt sich um einen jungen Sternhaufen mit einem Alter von weniger als 100 Mio. Jahre.
M6 sehen und fotografieren
M6 liegt in einem eher sternarmen Gebiet, sodass er relativ einfach mit unbewaffneten Augen zu sehen ist, wenn der Himmel es zulässt. Bereits ein kleiner Feldstecher zeigt einige Dutzend Einzelsterne.
Fotografisch gilt alles, was auch unterhalb bei M7 steht. Einzig die dort lohnenswert erscheinenden Dunkelwolken finden sich bei M6 nicht in dieser Ausprägung.
Offener Sternhaufen M7, NGC 6475, Ptolemäus-Haufen
M7 ist eines der wenigen Deep-Sky-Objekte, die in der Antike nicht nur gesehen, sondern auch erwähnt wurden. Claudius Ptolemäus beschrieb in seinem Sternenkatalog einen “nebligen Fleck am Stachel des Skorpions”.
Es handelt sich um das dritthellste Messierobjekt, was mit an seiner recht geringen Entfernung von nur 1000 Lichtjahren liegt. M7 ist um einiges größer als M6 und bedeckt etwa 1°.
M7 sehen und fotografieren
M7 ist im 10×50 Feldstecher klar und deutlich als wunderbarer Sternhaufen zu erkennen. An sehr dunkeln Orten, an denen der Skorpion hoch in den Himmel steigt, ist es sogar möglich, ihn ganz ohne Hilfsmittel zu erkennen.
Auch ist der Sternhaufen sehr einfach zu finden: Rechts leicht unterhalb stehen zwei sehr helle Sterne direkt nebeneinander. Das sind Shaula und Lesath, die den Stachel des Skorpions bilden. Von diesen beiden wandert man einfach ein kleines Stück nach links oben und findet so M7. (Hier ein ‘Auffindbild’ zum Anklicken)
M7 steht allerdings so weit südlich, dass er nicht mehr von ganz Deutschland aus sichtbar ist. Nördlich von 53° steigt er – anders als M6 – nicht mehr über den Horizont.
Fotografisch zeigt er sich bereits auf Fotos mit 50 mm; bei 85 mm schon sehr deutlich in viele Einzelsterne aufgelöst.
Brennweiten von 100 bis 200 mm ermöglichen, ihn in einem weiten Feld zusammen mit M6 und einigen westlich gelegenen H-Alpha-Nebelgebieten abzulichten.
Im Teleskop wirkt er zwischen 600 und 800 mm fotografisch am besten und zeigt sich eingebettet in sternenreiche Bereiche, die in einem hübschen Kontrast zu Dunkelwolken stehen. Längere Brennweiten als 1000 mm vermögen es dann nicht mehr, den ganzen Haufen zu erfassen, was den Reiz der Haufenstruktur raubt.
Um den Sternhaufen fotografisch darzustellen, sind, wie bei allen offenen Sternhaufen, nur kurze Einzel- und Gesamtbelichtungszeiten notwendig. Die Umgebung (Dunkelwolken) lässt es hier jedoch sinnvoll erscheinen, doch einige Stunden zu investieren, um diese Strukturen als zusätzlichen Reiz auszuarbeiten, der dem Bild Tiefe verleiht.
Notwendiger Kompromiss:
Immer, wenn man einen Sternhaufen gemeinsam mit Dunkelnebeln (also Strukturen interstellarer Materie) auf einem Bild ablichten möchte, muss man einen Kompromiss eingehen:
Die Dunkelnebel würden lange Einzelbelichtungszeiten erfordern, die hellen Sternhaufen erlauben aber nur kurze Zeiten, damit die Sterne ihre Farben behalten. Somit muss man einen Mittelweg wählen und dementsprechend sehr viele Einzelfotos aufnehmen.
Nun kommen wir – endlich! – zu den ‘bunten Nebeln im Skorpion’.
Also zu den Gebieten nördlich (oberhalb) und westlich (rechts) von Antares.
Zu den – umgangssprachlich – Skorpionnebeln und/oder zur Rho-Ophiuchi Molekülwolke.
Antares-Nebel/Rho-Ophiuchi-Region mit diversen Objekten
Wenn Astrofotografen von ‘den Nebeln im Skorpion’ sprechen, dann ist meist die vielfältige Region um und vor allem nördlich von Antares gemeint.
In diesem Gebiet versammeln sich diverse Objekte auf engstem Raum, die in den buntesten Farben des Nachthimmels schimmern: Rote Emissionsnebel, gelbe und blaue Reflexionsnebel, helle Staub- bis tiefschwarze Dunkelwolken.
Eigentlich gehört nur ein Teil dieser Region zum Sternbild Skorpion – der nord-westliche Bereich fällt in das Sternbild Schlangenträger (Ophiuchus). Im Allgemeinen wird darauf aber keine Rücksicht genommen und alle Objekte der Einfachheit halber zu “den Nebeln bei Antares im Skorpion” gezählt – und so handhabe ich das hier auch. Eine plötzliche Trennung wäre – wie es die Sternbildgrenzen an sich sowieso sind – willkürlich.
Im folgenden Bild wird deutlich, dass die Sternbildgrenze zwischen Skorpion und Schlangenträger die Rho-Ophiuchi-Wolke zerteilt; die blauen Reflexionsnebel vdB 105 und 106 und die “Dark lanes”, die bandförmigen Dunkelnebel, befinden sich nicht im Feld des Skorpions:
Sternbildgrenzen im nördlichen Skorpion.
Alle Objekte, die in den verschiedensten Katalogen gelistet wurden, sind Teil einer großen ‘Wolke’ interstellarer Materie, allgemein als Rho-Ophiuchi-Molekül-Komplex bezeichnet. Ihr Zentrum befindet sich ungefähr bei den dunkelsten Flecken nördlich von Antares.
Es handelt sich um eine riesige ‘Dreck- und Staubwolke’, die teils dichter, teils lockerer aufgebaut ist und in der verschiedene Strahlungsquellen einzelne Bereiche farbig hervorheben:
Einige Regionen werden von Sternen zum (roten) Eigenleuchten angeregt, an anderen Stellen streut und reflektiert der Staub das Licht benachbarter Sterne (gelb und blau) und an wieder anderen Stellen ist die Wolke so dicht, dass beinahe kein Licht der Sterne sie durchdringen kann (grau und schwarz).
Hier habe ich diese Aufnahme des MPIA über mein 135 mm Bild der Staubwolke gelegt.
Die weißen, gelben und roten Regionen zeigen Regionen besonders hoher Dichte, die blauen Regionen sind weniger dicht.
Um das nochmals klar zu machen:
“Dicht” bedeutet nur dichter als im restlichen All. Das, was wir hier als Staubwolke sehen, würde auf der Erde die Bezeichnung Vakuum erhalten.
Diese “dichten Staubwolken” enthalten meist nur einige hundert bis ein paar 1000 Partikel pro cm³.
(Das ist praktisch nichts! Luft auf der Erde hat 3 x 1017, also Billiarden Moleküle pro cm³. Es ist aber auch gleichzeitig sehr dicht, denn das ‘normale Weltall’ hat nur 1 Molekül je cm³ und in besonders leeren Bereichen sogar nur 1 Teilchen je m³.)
Die Sichtbarkeit ergibt sich nur aus dem Kontrast zum umgebenden Sternfeld bzw. dem enormen Volumen der Staubwolke, die kein oder kaum Licht der enthaltenen und dahinter befindlichen Sterne passieren lässt.
Dichteverteilung der Rho-Ophiuchi Molekülwolke
Der gesamte Komplex umfasst einen Himmelsbereich von mehr als 6×6°. (Das sind ungefähr 15 Vollmonde nebeneinander).
Vergleichbar ist er (zumindest was den auf der Nordhemisphäre sichtbaren Himmelsabschnitt betrifft) nur mit dem Orion-Molekül-Komplex. Beide Regionen zählen (zusammen mit der Taurus-Molekülwolke im nördlichen Stier) zu den nähsten, aktivsten und am besten erforschten Sternentstehungsgebieten der Milchstraße.
Diese Staubwolke ist im übertragenen Sinne also “der Orion des Sommerhimmels”. Sowohl, was die astronomischen Prozesse der Sternentstehung betrifft als auch, was die Vielfalt der zu fotografierenden Strukturen anbelangt.
Falls Du noch nie von solchen Sternentstehungsgebieten gehört hast und Dir der Begriff Molekül-Wolke heute zum ersten Mal begegnet, will ich das mal locker, flockig, schnell und einfach erklären:
Sternenentstehung kurz und knapp
Dieser entsteht immer, wenn Sterne explodieren und sie die in ihnen ausgebrütete Materie ins All schleudern.
Dieser Dreck ist nicht gleichmäßig verteilt und ballt sich an manchen Orten zu gewaltigen Wolken zusammen. Der Rho-Ophiuchi-Molekül-Komplex ist so eine Wolke.
In diesen Wolken ist der Staub sehr dicht gepackt, wobei dicht gepackt nur bedeutet: Dichter als im restlichen All. Es ist immer noch dünner als das beste Vakuum, das wir in Hochleistungslaboratorien auf der Erde erzeugen können.
Aus verschiedenen Gründen kann sich nun der Staub immer dichter und dichter ballen und sozusagen verklumpen. Ist er dicht genug und die Gravitiation erreicht ein gewisses Maß, so können Teile des Staubs unter ihrer eigenen Masse und Anziehung kollabieren: Es zünden plötzlich Sterne.
Diese sind anfangs oftmals noch in den Staub eingebettet und daher nicht oder nur im IR-Bereich sichtbar. Es entstehen dabei für gewöhnlich nicht einzelne Sterne, sondern ganze Gruppen, die untereinander wechselwirken.
Mit der Zeit wird der die Jungsterne umgebende Staub dünner: Er wird Teil der Sterne oder aufgrund des Strahlungsdrucks und erster Supernovae ins All geschleudert und verteilt. Nun können die Sterne bzw. Sternhaufen gesehen werden. (Die Plejaden sind ein Beispiel hierfür). Mit der Zeit stehen die Sterne dann fast frei von Staub und im weiteren Verlauf lösen sie ihren Haufencharakter auf: Sie werden Einzelsterne, wie auch unsere Sonne.
Letztendlich ‘sterben’ auch diese Sterne wieder. Zurück bleibt ‘Sternenstaub’, der sich erneut zu Wolken formen kann, die irgendwann immer dichter werden, kollabieren und neue Sterne erzeugen.
Das ist der Kreislauf des (Stern-)Lebens. Und das ist auch die Erklärung, warum an sagen kann: Wir bestehen aus Sternenstaub”
Diese Region im Grenzgebiet Skorpion und Schlangenträger ist so ein Sternentstehungsgebiet, ganz genauso wie die große Orion-Wolke oder die Taurus-Wolke im Stier.
Weitere Infos zur Entstehung von Sternen und Sternhaufen innerhalb von Dunkelnebeln gibt der Artikel
“Sternhaufen – Funkelnde Juwelen am Nachthimmel”
Den Rho-Ophiuchi-Molekül-Komplex sehen und fotografieren
Dank Antares, dem unverkennbar rötlich leuchtenden Hauptstern des Skorpions, ist die Region bei uns am oder über dem südlichen Horizont von etwa Mitte März bis in den Sommer hinein gut zu bestimmen. Das Auffinden ist also kein Problem.
Dank der klaren Sternmuster ist es auch für Anfänger nicht schwer, die Kamera auf die richtige Region auszurichten!
Sichtbar sind die bunten Nebelstrukturen hingegen kaum. An sehr dunklen Orten und mit geeignetem Equipment sind Teile der Nebelgebiete für erfahrene Beobachter jedoch auszumachen.
Die Dunkelnebel hingegen zeigen sich, dank der fehlenden Sterne, bereits mit einem normalen Feldstecher.
(Falls Du nicht so recht weißt, wie Du unsichtbare Nebel vor die Linse bekommst, hilft Dir das hier weiter: “Starhopping für Anfänger”)
Auch wenn die Nebel nicht sichtbar sind:
Fotografieren lässt sich die Region hingegen relativ einfach, wenn man von den in Mitteleuropa herrschenden Bedingungen absieht: Lichtverschmutzung und die Nähe am Horizont mit der dort üblichen dichten und ‘verdreckten’ Atmosphäre.
Die Molekül-Wolke ist prinzipiell mit jeder Brennweite abzubilden; auch auf weitwinkligen Fotos mit 14 oder 35 mm ist sie zu erkennen.
Sinnvoller wird das Ganze dann ab 85 mm, denn damit lässt sich der gesamte Bereich abbilden. Mit 135 bis 200 mm ist das ebenso möglich, denn jedoch mit etwas weniger Feld, aber mehr Details.
Längere Brennweiten bilden dann nur noch Teilbereiche ab: 400 bis 600 mm erscheinen ideal, um einzelne Nebelfelder herauszugreifen, noch größere Brennweiten zeigen dann nur noch Details dieser Objekte.
Da die Nebelgebiete alle durchweg recht leuchtstark sind, wird auch nicht allzu viel Belichtungszeit benötigt.
Die größte Herausforderung liegt bei ‘den Nebeln im Skorpion’ nicht unbedingt im Fotografieren, also dem Sammeln der Daten.
Die Vielfältigkeit, die Farbigkeit und der enorme Kontrast und Dynamikumfang zwischen fast schwarzen und hell leuchtenden Bereichen fordern den Fotografen vor allem in der Bildbearbeitung. Die hohe Sternendichte am Rande des Milchstraßenzentrums macht das Unterfangen ein ansehnliches Bild zu erzeugen nicht gerade einfacher.
Ich habe es mehrfach versucht und war niemals auch nur annähernd zufrieden.
Einige Beispiele
Auch wenn man das nicht macht, zeige ich hier ein paar meiner (teils misslungenen) Versuche. Sie zeigen die Region mit verschiedenen Brennweiten und somit auch, dass sich die Rho-Ophiuchi-Wolke auch für Anfänger mit kleinem Equipment eignet.
Tolle Hochglanzbilder findest Du überall. Die Realität ist aber, dass der Weg zu einem gelungenen Bild, oftmals ein steiniger ist und Astrofotografie eben auch Übung und Leidenschaft erfordert.
Gleichzeitig ‘beweist’ diese Galerie auch drei der Behauptungen, die Du hier lesen konntest:
1. Die ‘Nebel im Skorpion’, also die Rho-Ophiuchi-Molekülwolke kann man mit jeder Brennweite fotografieren.
2. Der Skorpion steht immer relativ nah am Horizont. Die Lichtverschmutzung nervt. Aber: Auch aus Deutschland heraus kann man ihn gut fotografieren.
3. Der Skorpion kann wunderbar am Ende des Winters und im Frühling fotografiert werden. Sogar deutlich besser als im Sommer!
Blauer Pferdekopfnebel (Rattenkopfnebel) – IC 4592/vdB 100/LBN 1113 mit weiteren Objekten
“Blauer Pferdekopf”
Canon 7Da – 135 mm, 110×120 Sek. = 3,4h – 1. Mai 2019
Zu dieser Aufnahme gibt es eine eigene “Bildbesprechungs-Seite”, die genauer auf die Technik und einige Hintergründe eingeht.
Wenn Du hier klickst, dann öffnet sich das Bild inkl. Objektbezeichnungen.
Aufgrund seiner Form und wohl auch in Anlehnung an den Pferdekopfnebel im Sternbild Orion wird dieser großflächige Reflexionsnebel oftmals als ‘Blue Horsehead’, als blauer Pferdekopf bezeichnet.
Persönlich sehe ich eher eine Ratte und nenne ihn daher auch gerne “Rattenkopfnebel”.
Einen offiziellen Namen hat er, wie alle Deep-Sky-Objekte, nicht und daher steht es jedem frei, sich einen Namen auszudenken. (Das gilt übrigens auch für die Asterismen, die Linienmuster zwischen Sternen. Auch sie sind nicht festgelegt. Einzig die Grenzen von Sternbildern, bei denen es sich nur um Flächen am Himmel handelt, sind klar definiert.)
“Blauer Rattenkopf”
Basis ist die 85 mm Aufnahme, die unterhalb folgt.
Der Nebel gehört nicht mehr direkt zur oben angesprochenen farbenfrohen Region um Antares. Er ist kein ‘echter’ Teil der zentralen Rho-Ophiuchi-Molekülwolke. Dennoch bildet er ungefähr ihr nordöstliches Ende und begrenzt somit “die Nebel im Skorpion” nach oben/Norden.
Die Strahlung, die den Nebel leuchten lässt, geht von Jabbah (14 Sco/Ny Scorpii), dem Auge des Pferdes aus. Wie viele Sterne, trägt auch dieser eine arabische Bezeichnung: Jabbah bedeutet Stirn (des Pferdes).
Tatsächlich ist Ny Scorpii nicht ‘ein Stern’, sondern ein (seltenes) Mehrfachsystem aus 7 Sternen, von denen jeder für sich eine größere Masse als unsere Sonne aufweist.
Das ist insoweit bemerkenswert, als dass wir zwar einige wenige 6-fach Systeme, aber bisher nur ein einziges weiteres Sternensystem mit 7 Sternen kennen: AR Cas. [Quelle: NASA]
Mit einem Feldstecher kann “der Stern” unter guten Bedingungen in zwei Einzelsterne, mit einem Amateurteleskop sogar in vier Komponenten aufgelöst werden.
Mit professionellem Equipment sind 5 bis 6 Sterne sicht- bzw. messbar, die anderen ergeben sich aus Helligkeitsschwankungen.
Den blauen Pferdekopfnebel (Rattenkopfnebel) sehen und fotografieren
Sichtbar ist dieser schwache, feine Reflexionsnebel laut Quellenlage nicht, auffindbar hingegen schon – und das sogar recht einfach: Gleich mehrere helle Sterne weisen den Weg und helfen, die Kamera auszurichten. Am einfachsten ist es, den oben angesprochene Jabbah zu erkennen.
Denn wenngleich dieser blaue Nebel nicht sichtbar ist, so ist er doch – und zwar ganz ohne besonderes aufwändiges Equipment – wunderbar zu fotografieren.
Ich habe es zwei Mal versucht: Sowohl mit 135 mm auf einer alten EQ5 (oberes Bild) als auch mit 85 mm auf dem winzigen Omegon Minitrack LX2 Astrotracker (unten).
Beide Fotos entstanden am selben Ort: Am Rande der Alpen bei deutlicher Lichtverschmutzung. Der Nebel stand dabei (wie hier unumgänglich) relativ nah am Horizont.
“Blauer Pferdekopf”
Canon 550Da – Samyang 85 mm – Omegon Minitrack LX2 – 133×60 Sek. = 2,2h – 1. Mai 2019
Himmel im Zenit 21,3 mag, deutliche Lichtverschmutzung am Horizont – Objekt 15° bis knapp 20° über Horizont
Wenn Du hier klickst, dann öffnet sich das Bild inkl. Objektbezeichnungen.
Hier ein Bild vom Standort, an dem beide Aufnahmen (135 und 85 mm) gemacht wurden.
Du siehst (ungefähr) den gesamten Skorpion-Asterismus (also das Sternenmuster), aber vor allem, wie hoch (oder eben nicht hoch) der Skorpion über den Horizont steigt.
Auch zeigt dieses Bild (+ das, das dann weiter unten nochmals denselben Standort zeigt), dass man auch trotz Lichtverschmutzung ordentliche Bilder machen kann.
Du kannst Dir übrigens schon mal den “Stachel des Skorpions” merken. (Hinter dem Baum) – der kommt kaum über den Horizont und klebt fast an der Bergkette. Dort sind die beiden Sterne Shaula und Lesath, die ich oben bei den Sternhaufen M6 und M7 schon mal angesprochen habe.
Weiter unten folgen dann noch zwei Emissionsnebel, die sich ungefähr dort befinden.
EDIT
Hier folgt nun noch ein drittes Bild des blauen Pferdekopfes.
Es schaut (zumindest für mich) deutlich besser aus.
Das liegt aber nicht an einem bessern Standort (der war nämlich sogar schlechter und viel lichtverschmutzter). Es liegt auch nicht an der Optik (die war mit f/4.5 sogar lichtschwächer).
Es liegt einfach an viel mehr Belichtungszeit (runde 10 Stunden) und mehr Erfahrung in der Bildentwicklung.
Auch wenn ich diese Aufnahme aktuell als ‘meine beste’ begreife: Man erkennt doch, dass es sehr heiße Sommernächte waren, der Sensor sich auf über 40° erwärmt hatte und die Lichtverschmutzung am Standort echt übel war. (Klick für Standort-Weitwinkelaufnahme)
“Blauer Pferdekopf”
Canon 6Da -274 mm f/4.5 – 296 x 120 Sekunden = 9,9 Stunden – Juli 2021/Toscana
Wenn Du hier klickst, dann öffnet sich das Bild inkl. Objektbezeichnungen.
Das genutzte kleine Teleskop habe ich in einem eigenen Artikel vorgestellt.
Rho Ophiuchi Nebel
Reflexionsnebel vdB 106 / IC4604 mit vdb105 / IC4603
Reflexionsnebel vdB 106
Omegon VeTEch 16000 (2x Crop) – 450 mm f/6.3 – iOptron – CEM25p – 110 x 300 Sekunden = 9,2 Stunden
Fotografiert in 5 sehr kurzen Nächten im Juni 2021. Keine idealen Bedingungen bei f/6.3, deutlicher Lichtverschmutzung einer Hafenstadt und Dunst über dem Meer.
Wenn Du hier klickst, dann öffnet sich das Bild inkl. Objektbezeichnungen. – Die Windrose oben links zeigt, dass das Bild um rund 90° gedreht ist: Norden ist rechts!
Zu diesem Bild gibt es auch eine eigene ‘Bildbesprechungs-Seite’. Dort erfährst Du mehr über die genutzte Technik, Aufnahmebedingungen etc.
Der blaue Pferdekopf ist – wohl auch weil er so klar begrenzt ist und obendrein einen einprägsamen Namen hat – sicherlich der bekannteste ‘blaue Nebel’ im Sternbild Skorpion.
Doch unterhalb, in dem Bereich, den man allgemein zu den ‘bunten Nebeln bei Antares’ zählt, gibt es weitere.
Auch sie sind Teil der oben angesprochenen zentralen Rho-Ophiuchi-Wolke.
Nimmt man es genau, sind sie allerdings nicht Teil des Sternbildes Skorpion, sondern befinden sich im Feld des Schlangenträgers. Auch das habe ich oben bereits erwähnt und auch, warum ich die Nebel dennoch beim Skorpion anspreche.
Diese Übersichtsaufnahme zeigt das Bildfeld von vdB106 + vdb106:
Es handelt sich dabei um zwei Reflexionsnebel, die von Edward E. Barnard entdeckt wurden; jenem Barnard, dem wir auch das erste Verzeichnis von Dunkelnebeln zu verdanken haben. Sie wurden erstmals im Index-Katalog gelistet.
Gleichzeitig findet man sie aber auch im Katalog von Sidney van den Bergh als Nummer 106 (der größere) und 105 gelistet. Das ist ein lohnenswerter Katalog (fast ausschließlich blauer) Reflexionsnebel.
Auch der blaue Pferdekopf findest sich im vdB, genauso wie einige weitere Reflexionsnebel im Skorpion, von denen wir auch noch einen genauer ansprechen werden.
Hier nochmals die Objekte der Rho-Ophiuchi-Wolke, mit den vier prominenten blauen vdB-Reflexionsnebeln 104, 105, 106 und 108.
Rho Ohiuchi Wolke
Canon 6Da – 274 mm f/4.5 – iOptron Skyguider – Sommer 2021 bei 40°+ Sensortemperatur!
Schätze im Westen – die unbekannten Skorpionnebel
Westlicher Skorpion mit Sharpless 1, Sharpless 7 und vdb99
Canon 6Da – 200 mm f/2.8 @ f/3.2 – iOptron CEM25p – 2,6 Stunden RGB + 2,6 Stunden Ha – 14. März 2020
Objektbeschriftungen!
Im Bild oberhalb erscheinen die ‘bunten Nebel im Skorpion’ auf den ersten Blick merkwürdig in die linke untere Ecke gedrängt.
Stimmt! Aber gerade das öffnet auf den zweiten Blick den Raum nach Westen/Rechts; denn dort finden sich weitere Schätze.
Da aber Antares mit im Bildfeld ist behält man als Betrachter den Bezug und kann die Dimensionen besser abschätzen.
Hier wollen wir nun drei Bereiche ansehen.
Zunächst den großen roten Nebel oberhalb des Sternhaufens M4: Sharpless 9 mit vdB104. Im Anschluss dann aber die wirklich spannenden Strukturen weit im Westen: Sharpless 1, Sharpless 7 und vdB99.
Sharpless 9 mit vdB104
Sharpless 9 mit vdB 104
Omegon VeTEch 16000 (2x Crop) – 342 mm f/4.5 – iOptron GEM45G – 62 x 180 Sek. RGB = 3,1 Stunden + 29 x 300 Sek HA = 2,4 Stunden – Februar 2022
Hier kann man erneut den Kugelsternhaufen M4 sehen und (unten links) Ausläufer des oben angesprochenen Rho-Ophiuchi-Nebels vdB105
Das Bild ist gedreht: Norden ist links!
Am bekanntesten dürfte wohl Sharpless 9 sein, erscheint dieser rote, etwa eiförmige Emissionsnebel doch auf beinahe jedem Bild, das ‘die Nebel im Skorpion’ abbildet.
Der zentrale Stern Al Niyat (auch Alniyat oder σ Scorpii) ist dabei sowohl für den roten Anteil verantwortlich, wie auch für den blauen Reflexionsnebel im Zentrum: vdB104.
Weitaus weniger bekannt sind Sharpless 1 + vdB99 und Sharpless 7:
Sharpless 1 und Sharpless 7 mit vdB 99 (LBN 1093 + 1094)
vdB 99 = LBN1093+1094 und Sharpless 1
Omegon VeTEch 16000 (2x Crop) – 342 mm f/4.5 – iOptron CEM25p – 46 x 300 Sek = 3,8 Stunden – Juni 2021
Diese wellenförmige Struktur findet sich auch im 200 mm Bild oben, gelistet ist sie als vdB99, bzw. als LBN1093 und 1094
Sharpless 1 (mit vdB99) und Sharpless 7
Canon 6Da – Canon 200 mm f/2.8 @ f/3.2 – iOptron CEM25p
93 x 180 Sek = 4,7 Stunden (RGB) + 84 x 300 Sek. = 7 Stunden (Ha) – Februar und März
Klick für beschriftetes Bild
Die obenstehende Aufnahme zeigt besonders viel der sanften Staubstrukturen, aus denen auch die roten Emissionsnebel (Sh1 und Sh7) bzw. der wellenförmige Reflexionsnebel (vdb99) bestehen.
Da es sich um eine Hochkant-Aufnahme handelt, habe ich sie mit schwarzen Rändern versehen, damit sie sich hier zeigen lässt.
Insgesamt ist das eine recht spannende Region, allerdings wirkt sie auf dem Bild ausgesprochen unruhig – zumindest auf mich.
Das weiter oben stehende Bild mit 342 mm (bei 2x Crop) hat einen viel harmonischeren Bildaufbau, wenngleich dort Sharpless 1 kaum sichtbar wird und knappe 4 Stunden bei Dunst und Lichtverschmutzung keinesfalls ausreichend sind.
Für mich ist jedoch dieser Reflexionsnebel einer der schönsten des Himmels.
Der Stern Fang (π Scorpii)) ist sowohl für Sharpless 1 als auch für vdB99 ‘verantwortlich’.
Kaum zu fotografieren – im südlichen Skorpion
Zuletzt wenden wir uns nun noch den ‘unmöglichen’ Nebelgebieten zu.
Also jenen, die man aus Deutschland eigentlich nicht fotografieren kann; bzw. nur unter ‘großen Qualen’.
Das sind die Nebel, die hier kaum über den Horizont kommen, sich also ‘weit unten’ im Skorpion befinden.
Krieg-und-Frieden-Nebel (Sh2-11) + Tatzen-Nebel (Sh2-8)
Im südl. Skorpion:
Canon 7Da – Samyang 135 mm, 58×120 Sek. = 3,6h – Mai
Klick für beschriftetes Bild
Die letzten beiden Objekte, die ich genauer ansprechen möchte, sind die südlichsten Nebelgebiete, die man von uns aus mit einiger Anstrengung gerade noch so fotografieren kann:
Der Krieg-und-Frieden-Nebel, auch als Hummer-Nebel bezeichnet (Sh2-11 / NGC6357) und der (Bären- oder Katzen-)Tatzen-Nebel (Sh2-8).
Sie steigen auch in Süddeutschland nicht höher als etwa maximal 5° bzw. 8° über den Horizont. Und das natürlich nur für eine sehr kurze Zeit von weit weniger als einer Stunde.
Es benötigt daher schon einen ausgesprochen guten Horizontblick, wenig Lichtverschmutzung und viele Nächte, um eines der beiden Objekte mit langen Brennweiten zumindest einigermaßen schön und detailliert abzubilden.
Meine erste Aufnahme (50 mm) entstand im Mai 2017 im Voralpenraum auf 47,8°. Die Lichtverschmutzung war durch Garmisch (30.000 Einwohner, 30 km Luftlinie), viele kleinere Ortschaften und vor allem auch Innsbruck (300.000 Einwohner, 60 km Luftlinie) nicht gerade gering, wie man anhand dieses Horizont-Panoramas sehen kann:
Lichtverschmutzung am Horizont. Hier wurden auch die beiden Aufnahmen des blauen Rattenkopfs mit 135 bzw. 85 mm gemacht. Aber auch die folgenden Bilder mit 50, 85 und 135 mm.
Bereits in einem 50 mm Einzelbild (Canon 6D ohne Astromodifikation) sind die Objekte sichtbar, in dem aus 52 x 30 Sekunden (26 Minuten) gestackten Bild (unterhalb) erkennt man sie deutlicher und mit ersten Details. Die Herkunft des Namens “Tatzennebel” wird beispielsweise schon klar.
Der Nebel stand etwa 5° über dem wahren Horizont und erhob sich somit etwa 3 bis 4° über die Berge.
Etwas mehr dürfte von hochalpinen Standorten mit einem weiten Blick nach Süden möglich sein, aber grob kann man sagen: Das ist in Deutschland das Maximum.
Canon 6D (ohne a) – Minitrack LX2 – 26 Minuten – Mein südlichster Blick aus Deutschland. KLICK Objektbeschriftungen
Starker Ausschnitt aus oben stehendem Bild. Die “Tatze” ist gut zu erkennen
Die zweite Aufnahme (die, die direkt unter der Überschrift zu sehen ist) entstand fast auf den Tag genau ein Jahr später: Am 31. Mai 2018.
Der Standort (47,8°) und die allgemeinen Bedingungen (4 bis 8° über den Bergen, Lichtverschmutzung) waren dieselben, aber zusätzlich war der Himmel von argen Schleierwolken verdeckt, wie man auf folgender Einzelaufnahme sehen kann.
Dennoch war es mir irgendwie möglich, einige Details und vor allem die beiden hier angesprochenen Objekte aus den Daten zu kitzeln.
Schleierwolken und Lichtverschmutzung. Beste Bedingungen für ein Astrofoto, oder?
Am 01. Juni hatte ich eigentlich etwas anderes fotografiert, entschloss mich dann jedoch, rund um das Ende der astronomischen Nacht noch für 20 Minuten in die Region zwischen Schütze und “Skorpionstachel” zu fotografieren. Eben so lange, bis es sichtbar hell wurde. Das 85 mm Bild zeigt nochmals den Krieg-und-Frieden-Nebel (Sh 2-11) und die beiden großen offenen Sternhaufen M6 und M7.
85 mm, 15×90 Sek. = 21 min. im Morgengrauen – 1. Jun
Das rechte untere Bildviertel umfasst den Bereich “Skorpionstachel”. NGC 6451 gehört noch zum Skorpion. Links ist der Schütze. KLICK für Objektbeschriftungen.
Die Nebel sehen und fotografieren
Sichtbar sind die Nebelgebiete nicht. Die helle Kette von Sternen, die unten aus Sh 2-11 herausläuft, ist jedoch ein guter Anhaltspunkt für die Fotografie. Auch die ‘Stachelsterne’ Shaula und Lesath können, wie schon bei den beiden Sternhaufen, den Weg weisen.
Ideal sind 600 mm (auf Crop bezogen), um je einen der Nebel bildfüllend abzulichten. 200 bis 300 mm bieten sich für eine Widefieldaufnahme an, die beide Objekte in ihrer Umgebung zeigt.
Wie man auf meinen Bildern sehen kann, sind die Gebiete aber auch auf Fotos mit nur 50 oder 85 mm schon recht gut zu erkennen. An dunklen Standorten im Süden, an denen der Skorpion hoch in den Himmel steigt, sollten sich damit schon ansehnliche Ergebnisse erzielen lassen.
Weitere Objekte für südliche Standorte
Neben den ‘nördlichen’ bereits angesprochenen Deep-Sky-Objekten im Skorpion sollte man sich bei Reisen in den Süden mit einigen weiteren Schätzen vertraut machen.
Am interessantesten erscheint mir der Garnelen-Nebel IC 4628, an den direkt der offene Sternhaufen NGC 6231 anschließt. Von Norden kommend folgt er auf Krieg-und-Frieden- und Tatzen-Nebel praktisch als drittes großes Glied einer Kette von Nebeln. Ebenfalls in dieser Kette enthalten ist ein planetarischer Nebel (NGC 6302) und mit NGC 6281 ein offener Sternhaufen, der in einen kleines, eher schwaches Nebelgebiet (Sh 2-2) eingebettet ist.
Überhaupt kommen Freunde von Sternhaufen im südlichen Skorpion voll auf ihre Kosten. Zumindest dann, wenn sie ausreichend Brennweite mitbringen: Drei Kugelstern- (alle drei mit 0°01′ nur 1/10 von M80 groß!) und ganze 12 offene Sternhaufen (der größte misst etwa 0°5′) warten hinter unserem Horizont auf ihre Entdeckung.
Darüber finden sich einige weitere H-alpha-Regionen des Sharpless-Katalogs und ungefähr auf Höhe des Garnelen-Nebels mit die südlichsten Objekte des Dunkelnebel-Katalogs von Barnard.
Freundliches Schlusswort
Wahrscheinlich hast Du diesen Artikel gelesen, da Du die bunten Nebelgebiete im Skorpion gerne fotografieren möchtest oder das Sternbild allgemein interessant findest.
Wenn mein Bericht gut ist, dann hast Du jetzt noch mehr Lust bekommen, findest das Sternbild noch faszinierender und überlegst gerade, wohin Du reisen wirst, um es zu fotografieren. 😉
Ich hoffe zumindest, dass ich Dir den Skorpion etwas näher bringen konnte und dass Fragen, die Dich möglicherweise hier hergebracht haben, beantwortet sind.
Falls es Dir gefallen hat, so lass es mich bitte wissen. Kommentare und Rückmeldungen sind “der Sternhaufen im Dunkel der Nacht” für jeden Blogger.
Gerne würde ich Dich auch einladen, hier noch ein bisschen zu stöbern. Das oben bereits angesprochene Sternbild Orion z.b. hat eine wirklich spannende und unterhaltsame Geschichte zu bieten, aber auch mein Artikel über Sternhaufen ist (hoffe ich) recht lesenswert.
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